Wenn jemand mit einer Sache, die ich selbst gerne mache (eher lehrreiche als lustige YouTube-Videos), binnen weniger Monate zum Millionär wird, weckt das meine Neugier. Bei näherem Hinsehen zeigt sich: 1) So ein Durchbruch kommt nur scheinbar plötzlich, und 2) Die Strategie dahinter gilt nicht nur für YouTube. Im Grunde geht’s darum, ein Online-Business zu starten – und zwar bei null. Hier der Plan.
Ein Online-Business ist ein Geschäftsmodell, das auf dem Internet basiert. Allgemein gilt jede gewerbliche Tätigkeit, bei der Dienstleistungen, digitale oder physische Produkte über das Web angeboten und verkauft werden, als Online-Business.
Ein Online-Business starten ohne Startkapital, praktisch mittel- und kostenlos, wie soll das gehen? Genau damit befasst sich der Cambridge-Absolvent Ali Abdaal (*1994) einem seiner Videos (siehe hier). Abdaal hat zu Beginn der 2020er Jahre eine der steilsten Karrieren auf Skillshare und YouTube hingelegt – quasi »nebenbei«, während er Medizin studierte und als Doktor arbeitete.
Info: Skillshare ist ein englischsprachiges Onlinekurs-Portal, auf dem ich auch unterwegs bin. Du kannst die meine Skillshare-Class und viele weitere im Rahmen des kostenlosen Probemonats for free ansehen.
Starten ohne Startkapital, aber nicht kostenlos
Inzwischen widmet Ali sich Vollzeit seinem Online-Business und erklärt Wannabes wie mir, welche 3 Prinzipien und 5 Etappen ihn mit dem, was er macht, zum Erfolg geführt haben. Was er macht, das ist im Kern die kreativ-produktive Erstellung von Internet-Inhalten, also Content Creation. Dabei wird das Rad nicht neu erfunden. Die 5 Etappen sind altbekannt.
Etappen zum Aufbau eines Online-Business
- Ausbildung (Lernen einer passenden Fähigkeit)
- Praktikum oder Volontariat (Felderfahrung sammeln)
- Freiberufliches Schaffen (Dienstleistung anbieten)
- Produktentwicklung (digitales Produkt)
- Skalierung (Personal anheuern, Workflows optimieren)
Liest sich nicht besonders originell. Doch was mir an Alis Darlegung gefällt, ist ihre Klarheit. Am Ende steht ein schlichter, überschaubarer Fahrplan, der das Gefühl vermittelt: Ok, den Weg kann ich finden.
Wichtig: Es geht nicht darum, Millionär zu werden. Dazu gehört erstens viel Glück, zweitens macht es nicht viel glücklicher.
Tipp: Hier ein Beitrag über die 3 Arten von Glück. Hier ein Beitrag zur Frage: Was ist Content?
Es geht darum, ein Online-Business starten zu wollen, ohne Startkapital zur Hand zu haben. Eines, das ein solides und halbwegs passives Einkommen generiert. Das kann funktionieren, aber kostenlos ist es nicht. Im Gegenteil: Ein Online-Business starten, das kostet viel Zeit und Energie. Dieser Guide nimmt dir die Arbeit nicht ab, soll aber helfen, mit den eigenen Ressourcen sinnvoll umzugehen.
Zwei Grundvoraussetzungen sind Lust am digitalen Arbeiten (wer nicht gern vorm Computer herumsitzt, ist hier falsch), eine hohe Lernbereitschaft und ein gewisser Hang zur Mitteilsamkeit. Für das Folgende gilt: Ein Millionär erklärt, ein Möchtegern kommentiert. Alle wichtigen Einsichten stammen von Ali Abdaal. Kleinere ergänzende Einschätzungen kommen von mir.
3 Prinzipien zum Aufbau eines Online-Business
Online-Business starten – in aller Öffentlichkeit
Diese Idee mag viele abschrecken. Gut und richtig so, denn wenn dir diese Idee nicht gefällt, brauchst du gar nicht erst weiterlesen.
In aller Öffentlichkeit starten, dient dazu, sich von Anfang an eine Reichweite aufzubauen. Das heißt: Ein Publikum von Leuten, die dich »von klein auf« kennen und dir folgen, weil sie deine Themen interessant und vielleicht dich selbst sympathisch finden. Das kann ein Publikum auf einer Plattform wie YouTube sein, auf sozialen Netzwerken oder die Leserschaft eines Blogs oder Newsletters.
Es braucht eine ganze Weile, bis zwischen deinem Publikum und dir eine Verbindung (connection) entsteht und Vertrauen wächst. Deshalb kannst du einerseits gar nicht früh genug damit anfangen, andererseits aber besser spät als nie.
Das Vertrauen ist wichtig, wenn du später innerhalb dieses Publikums eine zahlbereite Zielgruppe für dein Online-Business anzusprechen versuchst. Doch Zahlbereitschaft sollte das letzte sein, was dich am Anfang interessiert.
Denn der beste Weg, ein Publikum aufzubauen, besteht darin, Menschen einen Mehrwert zu geben, ohne Gegenleistung zu erwarten.
PS: Sich die Blöße zu geben, den Aufbau eine Online-Business in aller Öffentlichkeit zu wagen, hat den schönen Nebeneffekt, viele neue Leute kennenzulernen. Seien es Gleichgesinnte auf demselben Weg wie man selbst, einfach nette Menschen mit denselben Interessen oder gar Schutzpatrone, die kreative Tausendsassa unterstützen wollen (z. B. via Patreon).
Biete Wertvolles an, ganz ohne Gegenleistung
Zurück zum Mehrwert ohne Gegenleistung. Klingt ja erstmal nicht nach der Knaller-Geschäftsidee. Was soll »Mehrwert« in diesem Kontext heißen? Alis Antwort darauf lautet im Wesentlichen:
Wenn etwas für dich auf deinem Weg von Wert ist, wird es das auch für andere sein. Die einfachste Möglichkeit, durch Mehrwert eine Reichweite aufzubauen, besteht deshalb darin, den eigenen Weg und Werdegang zu dokumentieren.
Was treibt dich an? Wie genau willst du dein Online-Business starten, dir etwas aufbauen? Wie lernst du all die Fähigkeiten, die damit einhergehen? Darauf gibst du detailliert Antworten, die du frei zur Verfügung stellst.
Wenn ich ein neues Online-Business starten, einen YouTube-Kanal, ein Blog, Buch oder irgendein anderes Projekt in Angriff nehmen würde, würde ich den Prozess dokumentieren, [etwa] YouTube-Videos oder Blogbeiträge darüber machen, wie es ist, diese Sache zu versuchen; welche Ressourcen ich benutze, welche Lektionen ich lerne. Jedes Mal, wenn ich ein Buch lese, das mir bei meinem Projekt hilft, würde ich die wichtigsten Erkenntnisse zusammenfassen und sie kostenlos via Blog veröffentlichen – und den Link via Twitter, Facebook oder Instagram teilen. Was auch immer dazu beiträgt, die Nachricht zu verbreiten, dass ich mir gerade etwas aufbaue und andere die Reise mitverfolgen können, wenn sie wollen.
Ali Abdaal
Es gibt noch weitere Möglichkeiten, Mehrwert zu geben, ohne Gegenleistung zu verlangen. Mehr dazu gleich in den einzelnen Etappen.
Die Pointe dieses Prinzips besteht darin, deinem Publikum nichts verkaufen zu wollen, schon gar nicht von Anfang an. Überhaupt – auch später – solltest du nie aufdringlich zu sein. Ob sich jemand für meinen Newsletter einträgt oder meinen Onlinekurs interessiert, hängt nicht von meiner Bitte darum ab, sondern von dem Mehrwert, den der Newsletter oder Kurs meiner Zielgruppe bieten. Apropos Zielgruppe!
Wähle eine Zielgruppe, an der dir etwas liegt
Was auch immer du machst, mach es für Menschen, an denen dir etwas liegt, weil du deren Interessen und Ziele teilst.
Bei mir sind das Menschen, die einen Weg suchen, sich neben Beruf und Familie kreativ entfalten und vielleicht obendrein noch studieren zu können. Diesen Menschen, habe ich viel mitzuteilen, weil ich ihre Situation verstehe und auf demselben Weg bin.
Bei Ali sind es vor allem YouTube Creator, die ebenfalls von ihrem Videoschaffen leben können und mehr über Produktivität lernen wollen. (Eine Zielgruppe, in der sich ein Teil von mir ebenfalls wiederfindet.)
Wenn es hingegen darum ginge, sportlicher zu werden oder gar bestimmte Fitness-Ziele zu erreichen, wäre ich eher nicht der Richtige dafür. Auch für Menschen, die gerne an Autos tüfteln, Videospiele zocken oder Kleider nähen, hätte ich persönlich wenig Mehrwert zu bieten. Dasselbe gilt vermutlich für Ali, der noch das Bespiel von werdenden Müttern als Nicht-ganz-seine-Zielgruppe nennt.
Tipp: Werdende Väter können hier reinschauen: Warum Vater werden?
Sobald du anfängst, eine Zielgruppe nur aus taktischen Gründen anzusprechen, ohne dass du die Leidenschaft dieser Zielgruppe wirklich teilst, sondern nur weil die Kohorte viel Kohle hat oder verlockend groß ist, wirst du die Freude an dem Vorhaben schnell verlieren. Natürlich kannst du so vorgehen und das je nach Willenskraft auch lange durchhalten. Aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass deine Zielgruppe merkt, dass du nicht wirklich für ihre Sorgen und Themen brennst.
Kurzum: Leg’ dir keine unnötigen Steine in den Weg, sondern widme dich den Menschen, an denen dir selbst etwas liegt.
Soweit die drei Prinzipien und grundlegende Theorie. Jetzt geht’s an die Praxis.
5 Etappen zur Mission: Online-Business starten
Lerne eine passende Fähigkeit
Gesucht ist eine monetarisierbare Fähigkeit, die denjenigen Menschen hilft, die dir wichtig sind. Monetarisierbar heißt: eine Fähigkeit, mit der sich rein theoretisch Geld verdienen lässt. Überlege dir, welche Art von »Zuarbeit« die Menschen deiner Zielgruppe gut gebrauchen könnten.
Ali erklärt es anhand seiner Zielgruppe, also anderen YouTubern: Mit welcher Fähigkeit ließe sich anderen YouTubern helfen? Antwort: Videos schneiden und Vorschaubilder gestalten zum Beispiel.
Ein anderes Beispiel meinerseits, aus der Zeit, als ich mein Fernstudium angefangen und mich parallel selbständig gemacht habe. Damals hätte ich mich fragen können: Mit welcher Fähigkeit könnte ich anderen Menschen in meiner Lage helfen? Antwort: Indem ich Erklärvideos zu Studieninhalten anbiete, um Teilzeit-Studierenden das Lernen zu erleichtern. (Tatsächlich habe ich mir diese Frage nicht bewusst gestellt. Es war für mich selbst einfach leichter, die Inhalte zu lernen, indem ich sie in Videoform aufbereite.)
Vielleicht hast du bereits eine Fähigkeit, die sich für diese Zwecke eignet. Auch ich habe meine Video-Skills nicht erst im Zuge des Studiums gelernt, sondern als Filmschaffender seit meiner Jugend.
Hier geht es aber darum, ein Online-Business bei null zu starten, ohne Startkapital und ohne vorhandene Fähigkeiten. Soll heißen:
Hab ruhig den Mut, für dein Online-Business etwas völlig Neues zu lernen!
Am besten mithilfe des Internets, das Unmengen kostenloser Lernmöglichkeiten bietet. Nochmal Ali:
Wenn ich nicht wüsste, wie man Videos schneidet, würde ich mir einen Teilzeitjob suchen und Geld sparen, um mir ein gebrauchtes MacBook zu kaufen. Dann würde ich lernen, wie man Videos mit iMovie schneidet, […] durch kostenlose YouTube-Tutorials. Im Laufe der Zeit, in der ich das ein paar Stunden am Tag gemacht habe, würde ich ziemlich gut im Videoschnitt und kann zu Schritt 2 übergehen.
Ali Abdaal (seinen Videoschnitt-Kurs findest du ebenfalls auf Skillshare)
Arbeite ohne Bezahlung (und ohne Erlaubnis)
Die zweite Etappe besteht darin, kostenlos für andere zu arbeiten – nach Möglichkeit sogar, ohne sie um Erlaubnis zu fragen! – und deine Erfahrungen öffentlich zu dokumentieren. Der letzte Punkt ist wichtig, und der Punkt »kostenlos« ist entscheidend.
Wer gerade erst anfängt, eine Fähigkeit zu lernen, ist in der Regel nicht auf Anhieb perfekt darin. Kein Problem, wenn du nicht auf die Idee kommst, deine geht-so-gute Leistung direkt gegen Bezahlung anzubieten. Wer sollte dich buchen, wenn es dafür auch Profis gibt? Oder Fortgeschrittene, die deutlich besser sind?
Stattdessen stellst du das, was du machst, anderen, die es gebrauchen können, kostenlos zur Verfügung. Wie ein Praktikum oder Volontariat, nur selbstbestimmter.
Ich würde eine Reihe von YouTubern anschreiben, die ich mag […]: Hey, ich liebe deine Inhalte [und] ich möchte dir anbieten, dein nächstes Video für dich zu schneiden – völlig kostenlos. […] Wenn du das mit genügend Leuten machst, gibt es fast keine Chance, dass nicht irgendwer zusagt.
Ali Abdaal
So bekommt man einen Fuß in die Tür. Das geht auch offline: Wer leidenschaftlich gerne backt, kann die Erzeugnisse bei lokalen Festen oder Veranstaltungen anbieten – »Arbeitspröbchen«. Wer gerne schreibt, kann eigene Texte einem kleinen Verlag oder einer Zeitung zum Abdruck zuschicken – unentgeltlich.
(Stichwort Verlag: Mit dem ersten Roman-Manuskript ist es ja oft nichts anderes: Wir verschicken unsere Geschichte und hoffen, dass jemand sie annimmt. Meist nicht in erster Linie, um Geld damit zu machen, sondern um veröffentlicht zu werden.)
Ob Bier brauen, Gärtnern, Fotografieren, Musikmachen, Zeichnen: Für alles finden sich in den entsprechenden Branchen einzelne Menschen, kleine und selbst große Unternehmen, die gerne etwas »für umsonst« nutzen – wenn dieses etwas gut genug ist.
Das ist also die Schwelle, die du bei dieser Etappe erreichen willst – und wirst, wenn du nur dranbleibst! Nun zu dem Punkt, der speziell für ein Online-Business so wichtig ist.
Erfahrungen dokumentieren
Während ich das alles mache, würde ich die Reise dokumentieren. Ich würde meinen eigenen YouTube-Kanal haben, auf dem ich darüber spreche, dass ich gerade 18 E-Mails an meine Lieblings-YouTuber geschickt habe: »Mal sehen, wer antwortet. Oh mein Gott, diese Person hat geantwortet, alles klar, Zeit, das Video zu schneiden!« […] Wenn es zu schwierig ist, einen YouTube-Kanal zu starten, dann mache ich das in Form eines Blogs oder via Twitter.
Ali Abdaal
Einen Social-Media-Account oder eine eigene Website aufzusetzen ist keine Raketenwissenschaft, aber auch keine Kleinigkeit. Es ist vielmehr die Mindest-Anforderung, wenn du ein Online-Business starten willst.
Wichtig: Während du online deine Erfahrungen mit anderen teilst, wächst nicht nur dein Publikum, sondern auch dein Portfolio an öffentlich einsehbaren Arbeitsproben. Ob du den Aufbau deines Online-Business via Blog oder Instagram dokumentierst: Damit richtest du dir automatisch eine Ecke im Internet ein, in der sich andere deine Arbeit anschauen und von deinen Fähigkeiten überzeugen können.
Biete deine Arbeit gegen Bezahlung an
Die nächste Etappe besteht darin, von kostenloser Arbeit zu bezahlten Aufträgen zu kommen. Ziemlich einfach, meint Abdaal, wenn du dich den ersten beiden Etappen nur lange und gut genug gewidmet hast.
Denn wenn du anständige Arbeitsproben hast und wirklich gut in der Sache bist – was du sein wirst, weil du Tutorials im Internet befolgst und deine Fähigkeiten mit der Zeit verbesserst – und du anständige »Zeugnisse« von den Leuten hast, für die du kostenlos gearbeitet hast, dann […] kannst du dir eine Seite mit deinen Preisen einrichten.
Ali Abdaal
Dieser Part ist tatsächlich die Krux. Wer wie Ali einen Cambridge-Abschluss in seiner Vita stehen hat (Cambridge ist eine britische Elite-Universität), genießt ein Vorschussvertrauen, egal auf welchem neuen Feld er sich versuchen würde. Die Leute wüssten: Der hat offenbar was drauf.
Das würde Ali gar nicht abstreiten. Er würde stattdessen das Buch Unfair Advantages (zu deutsch: Unfaire Vorteile) empfehlen, das bisher nur auf Englisch erhältlich ist (etwa hier). Im Kern geht es darum, dass sich mit dem richtigen Blick und etwas Geschick in vielen Lebensläufen »unfaire Vorteile« finden und nutzen lassen. Das müssen nicht so offensichtliche sein, wie ein sehr guter Elite-Uni-Abschluss.
Dennoch: Etappe 3 ist leichter gesagt als getan. Während sich die ersten beiden Etappen gut in Teilzeit nebenher machen lassen, braucht es hier die Überwindung »all in« zu gehen, sich ganz für das eigene Online-Business zu entscheiden – und damit ein gewisses, auch finanzielles Risiko einzugehen.
Ein Online-Business starten heißt: Lebenslanges Lernen
Wenn es dabei ein »Erfolgsrezept« gibt, dann ist das fortlaufendes, selbständiges, zielgerichtetes Lernen. Nicht zu vergessen: öffentliches Lernen. Die Bereitschaft, sich ständig weiterzubilden und dabei mitzuteilen bleiben ein Schlüssel-Element in Alis Herangehensweise.
Das erscheint mir klug und sinnvoll. Da das Lernen bestenfalls ein niemals abgeschlossener Prozess ist, sondern uns durchs Leben begleitet, müssen wir nicht auf irgendeinen »Abschluss« warten, ehe wir uns befugt fühlen, unsere Erfahrungen mit anderen zu teilen.
Natürlich würde ich wieder den gesamten Weg dorthin dokumentieren. Ich lese Bücher über die Psychologie der Preisgestaltung, finde heraus, wie ich meine Dienstleistungen stundenweise abrechnen kann, lese alles, was ich in die Finger bekomme, um Freiberufler zu werden – denn das wäre ich in dieser Etappe. Und darüber würde ich bloggen, twittern oder in Videos berichten.
Ali Abdaal
Tipp: Ein Podcast bietet sich auch sehr gut an, um eigene Erfahrungen und Gedanken mit der Welt zu teilen. Meinen eigenen Podcast über kreatives Schaffen und Scheitern gibt’s auf Spotify.
Verpacke deinen Service als Produkt
Etappe 4 zielt darauf ab, die Dienstleistung nach und nach auf die Produktschiene zu lenken. Statt eines Stundensatzes bieten wir unseren Service als »Bundle« an.
Es ist interessant zu sehen, wie man sein Einkommen im Grunde über Nacht verändern kann, indem man von einem Stundensatz zu einem produktbezogenen Preis übergeht. Als Videocutter würde ich anbieten, vier Videos pro Monat für einen Betrag von x Euro zu schneiden. Wenn ich ein Grafikdesigner wäre, würde ich drei Vorschaubilder pro Video erstellen, viermal im Monat oder pro Woche für diesen Betrag […] – mit Geld-zurück-Garantie und solchen Dingen.
Ali Abdaal
Der Grund, weshalb Ali kein Einzelcoaching anbiete, sei der, dass er das stundenweise Abrechnen hinter sich habe. Ali hat seinen Fokus ganz darauf verlegt, Produkte wie Live-Onlinekurse zu entwickeln, mit denen er dieselbe Dienstleistung mehreren Leuten in einem produktähnlichen System anbieten kann.
Ich selbst biete durchaus noch klassisches Einzelcoaching an und würde es auch jedem empfehlen, der es sich zutraut. Schließlich besteht darin, sich mit den Fragen und Problemen anderer Menschen in einem bestimmten Bereich zu befassen eine sehr gute Möglichkeit, den eigenen Erfahrungsschatz auszuweiten.
Für Ali hat diese Etappe eine irre Dynamik entwickelt. Statt für einen vergleichsweise geringen Betrag eine 1:1-Beratung anzubieten, die ihn eine Stunde seiner Zeit kosten würde, bietet Ali einen Live-Onlinekurs an, der ihn zwar weit mehr Stunden in Anspruch nimmt – dafür nehmen Hunderte Leute daran teil, die jeweils (!) mindestens 1.500 Euro zahlen.
Wichtig: Auch weiterhin wertvolle Inhalte frei zur Verfügung stellen! Der Clou ist nicht, sich ein Publikum aufzubauen, um es ab einem Punkt zur Kasse zu bitten. Der ganze kommerzielle Produkt-Kram, so zentral er für die finanzielle Freiheit ist und ein Online-Business von einem Hobby unterscheidet: Das Herzstück deiner Arbeit – die Pumpe, die den Laden am Laufen hält – bleibt der freie Content.
Baue ein Team auf
Bis hierher haben wir hoch gepokert, wenn wir alles im Alleingang machen: Ein längerer Ausfall, etwa wegen Krankheit, kann das Kartenhaus in sich zusammenfallen lassen. Sich Leute mit ins Boot zu holen, ist also ein naheliegender Schritt – und die fünfte Etappe.
An diesem Punkt solltest du verschiedene Einnahmequellen haben. Zum einen durch Ads (also Werbung) und Affiliate-Programme, die du in deinen frei verfügbaren Content einbindest. Zum anderen durch deine Dienste bzw. zunehmend: deine Produkte.
Jetzt heißt es wieder: Weiterbilden fürs nächste Level.
Ich würde Bücher wie »The E-Myth Revisited« und »Traction« lesen. Diese Art von Geschäftsbüchern, in denen es darum geht, wie man, wenn man als Einzelunternehmer und Freiberufler ein profitables Geschäft betreibt, andere Leute an Bord holt. Entweder als Freiberufler oder in Teilzeit oder sogar in Vollzeit, wenn man das Geld dafür hat. Also, wie holt man andere Leute an Bord, um die eigenen Fähigkeiten und die eigene Zeit produktiver zu nutzen? Ich bin ziemlich zuversichtlich, dass ich, wenn ich ganz von vorne anfangen würde, im Laufe von zwei, drei Jahren […] an einen Punkt gelangen würde, an dem ich Leute einstellen kann.
Ali Abdaal
Das Ziel besteht darin, dein Online-Business in dieser Etappe daraufhin zu optimieren, dass nicht mehr du selbst den ganzen freien Content und neue Produkte hervorbringen musst. Stattdessen geht es darum, mithilfe eines Teams und kluger Workflows ein System einzurichten, das regelmäßig neue Ideen und Inhalte generiert.
Fazit
Für mich klingt das nach einem gut durchdachten, machbaren Fahrplan. In einem Punkt würde ich Ali widersprechen: 2–3 Jahre sind zu knapp bemessen. Mindestens 3,5 Jahre halte ich für realistischer, erst recht, wenn familiäre Verpflichtungen bestehen oder nebenbei das Studium weiterläuft.
Voraussetzung: Bereits vor der ersten Etappe – also dem intensiven und zielgerichteten Lernen einer passenden Fähigkeit – sollten bereits einige Erfahrungen in dieser Fähigkeit gesammelt werden. Du solltest dir wirklich sicher sein, dass diese Fähigkeit dir liegt und so viel Spaß macht, dass du sie als Ausgangspunkt für deine Online-Business nehmen willst.
Wer noch gar keine Idee hat, welche Fähigkeit das sein könnte: Ali Abdaal empfiehlt Programmieren zu lernen.
Denn Programmieren ist heutzutage eine so gefragte Fähigkeit, dass es einen ständigen Mangel an Software-Ingenieuren und Software-Entwicklern gibt. Und wenn man einigermaßen gut programmieren kann, ist es gar nicht so schwer, einen Job zu finden, bei dem man entweder für andere arbeitet, oder eben ein eigenes Unternehmen aufbaut, seine eigenen Websites erstellt und dabei die eigenen Programmierkenntnisse gut einsetzt.
Ali Abdaal
Ich selbst würde Schreiben empfehlen, weil das für mich eine Kerntätigkeit ist, ohne die ich mir das ganze »Content-Game« gar nicht vorstellen kann. (Obwohl es für andere Content Creator ganz offensichtlich auch ohne Schreiben gut funktioniert.)
In jedem Fall hängt diese Entscheidung sehr von persönlichen Stärken und Vorlieben ab. Welche Fähigkeit kommt dir beim Thema »Online-Business starten« als erstes in den Sinn? Und scheint dir dieser Fahrplan überhaupt so gut durchdacht wie mir? Feedback und Fragen wie immer gerne in die Kommentare!