Als Content Creator werde ich hin und wieder gefragt, was Content denn eigentlich sei. Das Wort kommt aus dem Englischen und heißt: Inhalt(e). Gemeint sind damit heute meist Inhalte im Internet. Hier mal ein kleiner Guide, was alles Content ist und sein kann.
Content sind multimediale Internet-Inhalte (web content), z. B. Blogtexte, Grafiken und Videos. Allgemein gilt sämtlicher Inhalt einer Website als deren Content. Mit der fortlaufenden Entwicklung des Internets nimmt die Zahl der Arten und Dimensionen von Content ständig zu.
Seit jeher kennen wir das Internet als ein Netz aus Websites, die wir besuchen können. Doch der althergebrachte Aufbau in Seiten und von Seiten weicht zunehmend einer Organisation in Blöcken. Diese Blöcke können zwar noch klassische Internet-Seiten bilden, aber auch endlose Feeds und Streams von Content. Dadurch wird das Spektrum dessen, was alles unter Content zu verstehen ist, immer bunter.
So viel steht fest: Wenn du das Internet nutzt, gibt’s kein Entkommen. Dann konsumierst du Content. Fachartikel und News sind Content. AGBs und PDFs zum Herunterladen ebenso. Auch Insta-Fotos, flüchtige Clips via Snapchat, lustige Memes auf 9Gag, Tutorials übers Backen, Basteln, Botox spritzen: Alles Content.
In diesem Beitrag will ich zunächst ein tieferes Verständnis davon schaffen, was mit Content gemeint ist. Danach kläre ich die Frage, warum Inhalte heute so wichtig sind. Abschließend gibt’s eine Übersicht wissenswerter Dimensionen und der wichtigsten Arten von Content.
Was ist mit Content gemeint?
Was mit Content gemeint ist, hängt sehr vom Kontext bzw. der Perspektive ab. So können Publikum und Produzierende ein Programm für Content halten, das aus Sicht von Werbetreibenden nur das Füllmaterial zwischen den eigentlichen Inhalten ist: den Werbeanzeigen.
Genau diesen Aspekt hat der Philosoph und Medienkritiker Noam Chomsky schon 2005 in Bezug auf das Fernsehen betont:
Im TV läuft Programm, egal was es ist, eine Komödie, eine Polizeiserie oder was auch immer. In der TV-Industrie gibt es das, was man Inhalt (content) und Füllung (fill) nennt. Der Inhalt ist die Werbung. Die Füllung ist die Verfolgungsjagd oder die Sexszene oder etwas anderes, das das Publikum zwischen den Werbespots bei Laune halten soll.
Noam Chomsky (Quelle, Übersetzung von mir)
Chomskys Aussage lässt sich 1:1 aufs Internet übertragen.
Tipp: Mehr über Noam Chomsky und dessen Weltsicht erfährst du in diesem Beitrag.
Content und Werbung auf YouTube
Die Video-Plattform YouTube zum Beispiel mag sich noch so sehr für die Kreativen engagieren, die Tag für Tag immense Mengen an user generated content (UGC) uploaden. Mit UGC sind Inhalte gemeint, die nicht von Redaktionen, Produktionsfirmen oder sonstigen »Gatekeepern« herausgegeben werden, sondern von den Internet-Usern und -Userinnen selbst. Auf diese Weise sind allein 2020 über 500 Stunden an Video-Material hochgeladen worden – pro Minute! 🤯 (Quelle)
Trotzdem sind all die Videos für das Unternehmen YouTube vor allem Füllmaterial, um Werbung unterzubringen: vor und nach und während und zwischen diesen Videos. Werbeanzeigen sind das, womit YouTube sich finanziert und worauf es dem Unternehmen ankommt.
Wir könnten auch sagen: Content ist das, was für die jeweilige Person oder Firma eben »drin« ist. Dennoch ist auch im Bereich von Content Marketing der Begriff »Content« heute umgangssprachlich meist so gemeint, wie er auch hier erklärt, genug, verstanden wird. Eben als das, was gesucht wird.
Tätigkeiten im Zusammenhang mit Content sind:
Content Ideation | Entwickeln von Ideen und Konzepten für Web-Inhalte |
Content Writing | Schreiben von Online-Beiträgen nach SEO-Maßstäben |
Content Creation | Kreation (und fortlaufende Produktion) von Beiträgen |
Content Marketing | Bewerbung und Vermarktung mithilfe von Inhalten |
Content Curation | Kuration (Pflege) von online veröffentlichten Beiträgen |
Für mich als Creator, könnte ich jetzt sagen, kommt es stattdessen nur auf den kreativen Aspekt an. Auf die ach so originellen Inhalte, die ich so gerne produziere. Nicht wahr? Zumindest nicht ganz. Wer im Bereich Content Creation mitmischt, weiß natürlich, warum Content heutzutage so wichtig ist – und kann sich die Sache selbst zunutze machen. Bestenfalls: mit Maß und Transparenz.
Warum ist Content so wichtig?
Content ist wichtig, weil Suchmaschinen »intelligenter« werden. Während Online-Suche früher auf einzelne Keywords ausgerichtet war, verstehen Maschinen zunehmend menschlich formulierte Suchanliegen – und Menschen suchen nicht nach Werbung, sondern nach Inhalten. Mit Content lässt sich online am besten eine bestimmte Zielgruppe erreichen.
Wer im content game aktiv ist, also regelmäßig eigene Inhalte produziert, kann diese ab einer gewissen Reichweite monetarisieren. Das heißt: zulassen, dass darin Werbung geschaltet wird. Von den Werbekosten bekommen die Videoschaffenden dann ein bisschen was ab, doch den Großteil behält YouTube gerne für sich. Ist meist also eher ein netter Nebenverdienst, diese klassische Monetarisierung.
Wer im game also das nächste Level erreichen will, produziert nicht nur frei verfügbare, vielleicht monetarisierte Inhalte (free content), sondern bietet obendrein selbst etwas an, das sich bewerben lässt.
Beispiele für paid content oder digitale Produkte sind:
- Coaching
- E-Books (oder Hörbücher)
- Merchandise
- Onlinekurse
- Presets (z. B. für Fotografie)
- Software-Tools
- Vorlagen (templates)
Und wie lässt sich sowas am besten bewerben? Mit freiem Content natürlich. Und durch organisches, super-subtiles Marketing. Etwa, indem in einem Blogbeitrag ganz beiläufig auf den eigenen Onlinekurs hingewiesen (und by the way, ich biete auch Coaching an, whoooaaat?).
Was ist organisches Marketing?
Organisches Marketing ist die Bewerbung einer Sache ohne bezahlte Werbung bzw. klassischen Kaufaufruf. Stattdessen fließt die Werbung wie ein natürlicher Bestandteil in bestimmte Inhalte (den Content) mit ein, so wie ein Organ Teil eines Körpers ist – allerdings ohne lebenserhaltende Funktion.
Organisches Marketing ist der Blinddarm unter den Marketing-Maßnahmen.
Ein Beispiel für organisches Marketing ist, wenn der »Kreativ-Tonie« auf der Toniebox im Kinderzimmer zwischen den Geschichten und Liedern ein Gespräch mit dem Liedermacher abspielt. Der erzählt, warum er Lieder macht – und erwähnt ganz nebenbei, dass Tonies doch eine echt tolle Erfindung seien.
(Wo es Tonies zu kaufen gibt und wie teuer sie sind, verrät er nicht, das kann dem Kind ja auch egal sein.)
Von Content zu Conversions
Für Kreative verschiebt sich dadurch das Ziel. Erst wollen sie im Internet nur ihre Werke zeigen und ein Publikum erreichen, bestenfalls begeistern. Positive Kommentare zu den eigenen Inhalten schütten dann zwar schön Dopamin aus und motivieren ganz doll – doch oh shit, von Dopamin allein lässt sich ja gar nicht leben! (Geschweige denn eine Familie ernähren.)
Also wollen einige Kreative bald nicht mehr nur ihre Werke zeigen und ein Publikum erreichen, sondern dieses Publikum bestenfalls in Kundschaft konvertieren. Dadurch laufen sie Gefahr, dass ihr scheinbar eigentliches kreatives Schaffen zu dem alleinigen Zweck verkommt, solche »Conversions« zu generieren. »Conversion« wird es im Fachjargon nämlich genannt, wenn eine nur zuschauende Person – Simsalabim! – zu einer zahlenden wird.
Diese Dynamik ist nichts Neues. So läuft das seit den späten 1990er Jahren, seit den Anfängen des Internets für die breite Masse. (Schon 1991 gab es mit Gopher das erste Content-basierte Suchprotokoll, auch darin lässt sich ein Beginn der Geschichte von Content Marketing sehen.)
Das Konvertieren durch Content ist ein Geschäftsmodell, das früh in seiner Einträglichkeit erkannt wurde. Neu ist, dass der Content – also die Inhalte, nach denen die Menschen suchen – mehr und mehr tatsächlich von Wert für die Suchenden sein müssen, um überhaupt gefunden zu werden.
Die schiere Menge an Inhalten, die Quantität, zwingt die Qualität somit zu neuen Höhen. (Deshalb stößt das Prinzip Quantität vor Qualität, das für den Einstieg in Content Creation durchaus sinnvoll ist, irgendwann an seine Grenzen.)
Klingt nach einer schönen Entwicklung. Was »von Wert« ist, bleibt aber eine höchst fragliche Geschmackssache. Auch, wer wilde Verschwörungstheorien (conspiracy content) sucht, findet sie – und zwar immer »hochwertiger« verpackt.
Willkommen im Internet
Willkommen im Internet, schau’ dich nur um. Alles, was dein Hirn sich mag ersinnen, das wirst du hier auch finden. Mit dieser Zeile eröffnet der Comedian und Musiker Bo Burnham seinen Song Welcome to the Internet. Und dann zählt er all die nützlichen und schönen und schrecklichen Dinge auf, die das Netz so zu bieten hat.
Content kann üble Formen annehmen. Wer auf die dunkle Seite des Internets gerät oder in den Kaninchenbau (das berüchtigte rabbit hole) abrutscht, ist ernsthaft gefährdet. Es gibt unzählige Inhalte, die eine Belastung für die Psyche derer darstellen, die sie in sich aufnehmen – bis hin zum Verlust des Realitätssinns.
Die dunkle Seite hat bekanntlich eine hohe Anziehungskraft (sie hat Kekse). Und im Internet stellt sich zuweilen der Eindruck ein, dass diese Seite die Übermacht hat. Mit »gutem« Content dagegen zu halten, auch das kann für Kreative ein Antrieb sein, mehr und mehr Inhalte produzieren zu wollen. Neben jener Motivation, damit Geld zu verdienen.
Fassen wir zusammen: Content sind Internet-Inhalte im Spannungsfeld von Mission und Marketing.
6 Dimensionen von Content
Ob wir Content kreieren oder konsumieren: Es ist gut zu wissen, was Content alles erreichen kann bzw. soll. Damit sind hier die Dimensionen von Content gemeint, die verschiedenen Weisen, mit denen Web-Inhalte auf uns Einfluss zu nehmen versucht.
Nicht jeder Beitrag (jedes piece of content) enthält sämtliche Dimensionen, die im Folgenden genannt werden. Zuweilen sind es nur zwei oder drei, bei professionellem Content jedoch meist deutlich mehr.
Als Creator kann ich das Wissen um die möglichen Dimensionen nutzen, um meine Inhalte gezielter aufzubereiten und gleichzeitig mehr in sie einzubringen und rauszuholen. Mit einem einzigen Text oder Video lässt sich vieles erreichen, auf verschiedenen Wirkungsebenen.
Als Konsument wiederum kann ich das Wissen nutzen, um mir bewusster zu werden, was Content mit mir macht (oder machen will). Inzwischen achte ich bei Blogbeiträgen, Podcasts oder YouTube-Videos sehr darauf, wie diese Inhalte auf mich wirken – und welche dieser Wirkungen wohl alle beabsichtigt sind.
Wichtige Dimensionen von Content wären etwa:
Auffindbarkeit (findability)
Professioneller Content ist für Menschen geschrieben und für Maschinen optimiert. Die Maschinen bzw. Algorithmen spielen die Inhalte den Menschen zu, die Menschen wiederum spielen durch ihr Nutzungsverhalten ein Feedback zurück. Indem sie Inhalte teilen oder lange darauf verweilen, signalisieren sie: Gefällt mir. Ganz ohne ein Däumchen nach oben zu geben.
Daher folgt die Erstellung von Online-Beiträgen in allen Schritten von der Themenfindung bis zur Veröffentlichung gewissen SEO-Richtwerten.
SEO steht für Search Engine Optimization, also Suchmaschinen-Optimierung. Für textbasierten Content ist diese Dimension wichtiger als für Videos, die weniger gezielt gesucht, sondern vielmehr vom Algorithmus vorgeschlagen werden.
Information (information)
Manche Inhalte zielen darauf ab, Fakten oder Wissen zu vermitteln: Anleitungen, How-to-Beiträge und Tutorials zum Beispiel. Auch das Ziel der Bildung (education) gehört in diese Dimension. Um Bildung geht es dann, wenn nicht nur Arbeitsschritte und Fakten, sondern größere Zusammenhänge und ein tieferes Verständnis von einer Sache vermittelt werden sollen.
Unterhaltung (entertainment)
Während bei textbasierten Inhalten die Dimension der Information eine größere Rolle spielt, dienen Videos verstärkt der Unterhaltung. Das Videoformat bietet sich auch sehr gut an, um beide Dimensionen zu verbinden. Die bewusste Kombination von Information bzw. Bildung mit Unterhaltung wird als Infotainment bzw. Edutainment bezeichnet.
Tipp: Wie du Skripte für Edutainment-Beiträge schreibt, lernst du hier. (Nochmals und zum letzten Mal ein Link zu meinem Kurs, wie gesagt, Maß und Transparenz und so 😉).
Verbindung (connection)
Content soll eine Verbindung (connection) herstellen. Denn auch wenn es für die meisten Fälle zutrifft: Dass Suchende auf bestimmte Inhalte stoßen, nach ein paar Minuten »bedient« sind, weitersurfen und nie wieder zur Quelle jener Inhalte zurückkehren, ist nicht Sinn der Sache. Zumindest aus Sicht derjenigen, die den Content bereitstellen.
Deshalb ist das Schaffen einer Verbindung so wichtig. Zwischen denen, die die Inhalte konsumieren bzw. nutzen, und der Firma oder Person, die diese Inhalte produziert und/oder publiziert. Bei Personen spielt hier das Einbringen der eigenen Persönlichkeit eine Rolle. Bei Firmen ist es die eigene Philosophie, die eine connection zur Zielgruppe herstellen kann.
E-A-T (Expertise, Authoritativeness, Trustworthiness)
Wieder ein SEO-Faktor: Wenn bei der Kreation von Content auf E-A-T geachtet wird, kommt das gut an. Bei Menschen sowieso, aber auch bei Suchmaschinen. E-A-T steht – zu deutsch – für Kompetenz (expertise), die für eine gewisse Autorität (authoritativeness) in einem Bereich sorgt, was wiederum Vertrauenswürdigkeit (trustworthiness) schafft.
Diese Dimension ist für YMYL-Content sehr wichtig. YMYL (your money, your life) steht für persönliche Finanzen und Gesundheitsfragen. Wer Inhalte zu solch sensiblen Themen produzieren und veröffentlichen will, sollte wirklich Ahnung davon haben und nicht nur vortäuschen. Darauf versuchen Suchmaschinen wie Google beim Sortieren ihrer Rankings verstärkt zu achten.
Aktion (action)
Oft sollen Online-Beiträge zum Handeln anregen. Etwa zum Abonnieren eines Newsletters oder Kauf eines Infoprodukts. Die Anregung zu einer solchen Aktion kann (mehr oder weniger) subtil geschehen, organisch, wie oben beschrieben. Alternativ gibt’s den ausdrücklichen Call-to-Action, z. B. mit der Bitte: »Wenn dir das Video gefällt, gib’ ein Däumchen nach oben!« – oder in Form eines Buttons:
Bis hierher haben wir einen Eindruck davon gewonnen, was mit Content alles beabsichtigt und erreicht werden kann. Nun kommen wir zu den Formen, in denen solche Online-Inhalte in Erscheinung treten. Umgangssprachlich ist eher von den Arten (types) von Content die Rede, daher werde auch ich den Begriff hier verwenden.
Multimedialität von Content
Die verschiedenen Arten von Content haben mit Arten im Tierreich wohlgemerkt wenig gemeint. Ein Pinguin bleibt ein Pinguin, egal ob an Land oder im Wasser. Content hingegen kann formwandeln. Ein Onlinebeitrag kann als unterschiedlichste »Arten« von Content in Erscheinung treten, bei praktisch gleichbleibendem Inhalt. Beispiele dafür gibt’s gleich.
Noch ein Hinweis zum grundlegenden Verständnis:
Content ist immer multimedial. Die Unterscheidung in Inhalte, die ausschließlich Text-, Bild-, Audio- oder Video-Inhalte seien, ist hinfällig. Selbst einen reinen Text ohne Bilder (als guter Content nicht sehr ratsam) lässt sich durch bestimmte Browser-Erweiterungen einfach maschinell vorlesen.
Für Menschen mit Sehschwäche eine gute Sache. Das macht das Internet barrierefreier. Heißt aber auch:
Vermeintlicher Text-Content kann ohne Weiteres zum Audio-Content werden. Und zu Videos lassen sich nicht nur Untertitel, sondern oft auch die Transkripte anzeigen. So kann Content, der »eigentlich« Bewegtbild sein soll, bei Bedarf als Text rezipiert werden. Sehr nützlich, wenn innerhalb des Beitrags nach bestimmten Begriffen gesucht wird. Das macht Inhalte besser navigierbar.
Text, Bilder, Audio und Video sind also keine Arten von Content, sondern Komponenten. Aus ihnen werden Inhalte einerseits zusammengesetzt. Andererseits können Online-Beiträge durch die Zugriffsweisen darauf wieder in diese Bausteine »auseinandergenommen« werden.
Die Arten von Content richten sich vielmehr nach den Distributionswegen bzw. Plattformen, auf denen sie vorkommen. Allerdings ist auch dies keine strenge Regel. Im Internet entziehen sich Daseinsformen starren Definitionen. Die Übergänge zwischen Kunst und Kommerz, zwischen den Dimensionen und Arten von Content sind immer fließend.
Bo Burnham als Beispiel für geniale Content-Strategie
Ein Beispiel für die fließenden Übergänge bietet Bo Burnham. Dessen Song Welcome to the Internet ist nicht nur ein sehr erfolgreiches Lied auf Spotify und ein zig millionenfach gesehenes Musikvideo auf YouTube. Es handelt sich eigentlich um ein Stück aus seinem One-Man-Musical Inside auf Netflix. Ein Kunstwerk zwischen Kommerz und Kritik.
In einem anderen Song des Musicals singt Burnham: Most likely they’ll pay me, but I’d do it for free… zu deutsch: »Vermutlich bezahlen sie mich, aber ich würd’s für umsonst machen.« Stattdessen aber vervielfacht sich der Gewinn durch die zusätzliche Auswertung des Netflix-Specials Inside als YouTube-Videos und Spotify-Album. Inside ist Kritik am und Spiel mit dem System zugleich.
Burnham, der schon mit 16 Jahren einer der ersten Creator auf YouTube war, beherrscht dieses Spiel mit dem Content perfekt. In Zeiten der Pandemie hat es ihn zu neuen Höchstleistungen getrieben. Zuvor war der inzwischen über 30-jährige Comedian krankheitsbedingt kaum noch öffentlich aufgetreten. »Sorry, dass ich weg war« singt er zu Beginn von Inside…
But look, I made you some content
Daddy made you your favorite
Open wide
Here comes the content
It’s a beautiful day
To stay inside
Der Titel dieses Songs lautet passenderweise einfach: Content.
7 Arten von Content
Das Burnham-Beispiel soll zeigen, wie sich durch eine vorausschauende Content-Strategie die Reichweite der eigenen Inhalte maximieren lässt. Das nur für den Hinterkopf all derjenigen, die Online-Beiträge produzieren und publizieren wollen. Abschließend nun eine Übersicht der wichtigsten Arten von Content.
1. Blogbeiträge
Eine der ältesten Arten von Internet-Inhalten sind Blogbeiträge. Der Begriff »blog« ist eine Kurzform für weblog, Internet-Logbuch, anfangs noch im Sinne einer Art Tagebuch. Geprägt wurde dieser Begriff schon 1997, 1999 findet sich erstmals die Kurzform blog bzw. blogger. (Quelle) Und 2000 brach dann das erste Jahrzehnt des Bloggings an.
Inzwischen sind wir im dritten Jahrzehnt und noch immer kommt diese klassische Art von Content nicht aus der Mode. Im Gegenteil: Bloggen ist immer noch eines der wichtigsten Mittel, um sich eine Online-Präsenz und -Reichweite aufzubauen. Dabei sind Blogs seither weit mehr als nur »Web-Tagebücher« und Blogbeiträge längst nicht nur schlichte Texte.
2. Videos
Sollten Videos nicht eigentlich schon an erster Stelle stehen, wenn es um populären Webcontent geht? Dafür ließe sich inzwischen, in den 2020er Jahren, gut argumentieren.
Insbesondere, seit das althergebrachte Querformat durch hochformatige Reels (Instagram), Shorts (YouTube) und TikTok zunehmend Konkurrenz bekommt. Damit sind Videos für Smartphones erst so richtig salonfähig geworden. Der Siegeszug des Bewegtbild-Mediums ist nicht mehr aufzuhalten, und wozu auch?
Das erste YouTube-Video
Der Anfang der Erfolgsgeschichte von Videos lässt sich auf den Start von YouTube datieren. Das erste YouTube-Video, das den in Merseburg geborenen Jawed Karim vor einem Elefantengehege im San Diego Zoo zeigt, wurde im April 2005 veröffentlicht.
Seitdem dokumentiert die Menschheit in unvorstellbarer Vielfalt ihr Treiben – und nicht nur das eigene. Stichwort: cat content.
Videos können eingebettet (als Blöcke) in Blogbeiträgen enthalten sein. Und Videos können wiederum auf Blogbeiträgen (als Skripte) basieren. Hier zeigt sich schon der fließende Übergang verschiedener Content-Arten.
3. E-Books
E-Books kommen als Content intuitiv vielleicht nicht sofort in den Sinn. Sie sind aber nach wie vor eine der wichtigsten Art digitaler Inhalte – und die älteste in dieser Liste. Schon 1971 begann mit dem Project Gutenberg als erster digitaler Bibliothek die systematische Digitalisierung von Büchern.
Als das erste E-Book gilt die amerikanische Unabhängigkeitserklärung, die Michael Hart, Erfinder des E-Books und Gründer des Projects Gutenberg, noch manuell abgetippt hat. (Quelle) Aus dem Buchhandel sind E-Books heute nicht mehr wegzudenken.
Und auch im Bereich Content Creation bieten E-Books verschiedenste Möglichkeiten. Zum Beispiel als Zweitauswertung für gesammelte, besonders ausführliche Blogbeiträge zu einem Thema (longform content, um noch eine SEO-Fachsimpelei einzubringen). Solche Texte lassen sich nämlich wunderbar zu einem neuen »Gesamtwerk« zusammensetzen. So werden Blogbeiträge zu Buchkapiteln.
Sehr populär ist der Einsatz von E-Books als lead magnet, also als vermeintlich kostenloses give away.
Tatsächlich bezahlt wird mit den Daten, die beim Download solcher »Freebies« oder auch »Downloadables« eingegeben werden müssen. Deshalb handelt es sich hierbei um sogenannten gated content. Ein beliebtes Mittel, um E-Mail-Adressen für einen Newsletter zu sammeln. (Lead magnet lässt sich als Kontaktdaten-Magnet übersetzen, gated content als verschlossener Content, der mit Kontaktdaten sozusagen geöffnet oder freigeschaltet werden kann.)
Tipp: Als Beispiel für ein solches »Freebie« findest du hier mein E-Book 9 Gebote für ein gelungenes Studium.
4. Newsletter
Der Newsletter ist praktisch ein Blogbeitrag, der via E-Mail im Posteingang landet. Der Grund, ihn als eigene Art von Content aufzuführen, besteht in seiner Relevanz. Eben weil sie direkt im digitalen Postfach auftauchen, werden sie anders wahrgenommen als öffentlicher Kram. Newsletter gelten als besonders starkes Format, um Bindung und Vertrauen aufzubauen.
Infolgedessen ist der Newsletter-Verteiler der wichtigste Ausgangspunkt, um zum Beispiel ein neues Infoprodukt zu launchen. Mit dem Launchen ist das Ankündigen und erstmalige Bewerben eines Produkts gemeint.
Wer bereits einmal »konvertiert« wurde (von einer zufällig vorbei surfenden Person zur Newsletter-Abonnentin) lässt sich viel wahrscheinlicher nochmals konvertieren (zur Käuferin des via Newsletter gelaunchten Produkts) – jedenfalls wahrscheinlicher als zufällig vorbei surfende Personen.
5. Social Media Posts
Ob Bilder, Texte, Videos oder wilde Kombinationen davon: Was als Beitrag oder Post in sozialen Netzwerken verbreitet wird, ist eine Art Content für sich. Zu unterscheiden wäre zweierlei.
Erstens gibt es Social Media Posts, die originär für eine bestimmte Plattform erstellt werden. Zweitens gibt es Social Media Posts, die dazu dienen, anderen Content zu bewerben. Welche dieser Unterarten verbreiteter ist, lässt sich schwer sagen.
So oder so gilt: In den Bereichen Content Creation und Marketing kann Social Media eine Tretmühle sein, die längst nicht so viel Reichweite einbringt, wie sie an Arbeit erfordert.
Einerseits scheint es leicht, als Online-Beitrag einfach einen Social Media Post zu veröffentlichen (statt etwa einen Blogbeitrag zu schreiben). Beziehungsweise, zur Promotion eines Blogbeitrags oder Videos »mal eben« via soziale Netzwerke darauf hinzuweisen – und sei’s nur via Tweet.
Andererseits kostet es viel Energie und Zeit, sich auf Social Media Plattformen überhaupt eine Community aufzubauen. Und selbst bei großer Reichweite auf sozialen Netzwerken braucht es gutes Timing (und/oder money), um mit Content dort wirklich viele Menschen zu erreichen, ehe die Inhalte im Feed nach unten rutschen und verschwunden sind. Meist für immer.
Die Auffindbarkeit (findability) ist bei Social Media Posts längst noch so gegeben, wie bei Blogbeiträgen oder selbst YouTube-Videos.
6. Podcasts
Ob als Monolog, Dialog, vielstimmiges Gespräch oder Show mit Musikelementen: Podcasts erleben in den 2020er Jahren eine Hochzeit. Und sie sind gekommen, um zu bleiben. Oft in Begleitung zu YouTube-Kanälen, seltener auf Grundlage von Blogbeiträgen, die eingelesen und als Audio-Format verbreitet werden.
Podcasts stellen eine perfekte Ergänzung im Content-Mix dar. Sie bieten eine Unmittelbarkeit und das Einbringen von Persönlichkeit in einem Maße, wie es andere Content-Arten vermissen lassen.
Tipp: Hier geht’s zu meinem eigenen Podcast Schrott oder Schrein, mit Co-Host Benny Reuse.
7. Forenbeiträge
Zu guter Letzt eine Art von Content, die selten als solche erkannt wird. Denn wann, ließe sich fragen, ist die »Schöpfungshöhe« von Content erreicht? Eine Frage, die auch bei Social Media Posts (und manch Blogbeiträgen) berechtigt wäre.
Forenbeiträge wie etwa auf Reddit oder Quora sind meist textbasiert, vielleicht bereichert mit Bildern, häufiger Links. Irgendwer stellt eine Frage oder ein Thema zur Diskussion. Daraufhin werden Fragen und Kommentare gepostet. Ein Thread entsteht.
Je nach Erkenntnisinteresse sind solche Debatten- und Meinungsbeiträge die relevantere Art von Inhalten als der Content einzelner Creator. Etwa, wenn es um verschiedene Erfahrungen oder Sichtweisen geht.
Auch Kommentarbereiche unter Blog- und Videobeiträgen sind beliebte Anlaufstellen zur Diskussion, Information oder Unterhaltung. Forenbeiträge und Kommentare bilden eine verlockend ungefilterte Art von user generated content.
Fazit und Ausblick
Apps, Software-Tools und Vorlagen (templates) für bestimmte Programme werden zwar gerne als Freebie oder digitale Produkte angeboten, sind aber kein Content. Stattdessen lässt sich mit solchen Anwendungen oder Werkzeugen wiederum Inhalte erstellen und/oder distribuieren.
Es hätten sich noch weitere Arten und Unterarten von Inhalten nennen lassen. Bilder, Gifs und Infografiken zum Beispiel. Jedoch sind das eher Bausteine, die in oben genannten Content-Arten zum Einsatz kommen und selten für sich alleinstehen. Trotzdem erhebt die Liste keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Mit neuen Geräten, Plattformen, Technologien und Trends wird es auch immer neue Arten von Content geben. Die wenigsten werden so langlebig wie Blogbeiträge sein. Doch die wenigen, die neue, ungeahnte Ausdrucksmöglichkeiten mit sich bringen, sind es immer wert, bemerkt und ausprobiert zu werden. Was sich etabliert und was wieder im digitalen Äther verschwindet, das weiß letztendlich niemand.
Feedback und Fragen wie immer einfach in die Kommentare ✍️ – und gerne auch Antworten: Was bringt dich selbst auf dieses Thema? Wie stehst du zu den verschiedenen Dimensionen von Content? Welche Arten gefallen dir am besten und warum? Das würde mich interessieren.