Was ist Philosophie?

Dieser Beitrag bietet eine Einführung ins Fach Philosophie. Wir wollen wissen: Was ist die Philosophie? Womit befasst sie sich? Warum gibt es sie? Wie lässt sich Philosophie studieren? Solche und weitere Fragen werden im Folgenden beantwortet. Ziel des Beitrags ist es, ein grundlegendes Verständnis von Philosophie zu vermitteln – samt einer Portion Begeisterung für dieses Fach.

Aller Anfang ist Whoa!

Am Anfang aller Philosophie steht das Staunen. Das wusste schon Platon, damals in Griechenland. In seinem Dialog Theaitetos heißt es: »Das Staunen ist die Einstellung eines Menschen, der die Weisheit wahrhaft liebt, ja es gibt keinen anderen Anfang der Philosophie als diesen.« (155d)

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Staunen oder Wundern, das überlassen wir gerne den Kindern. Erwachsene sind, abgesehen von Homer Simpson (»Wow, ein blaues Auto!«) nicht mehr leicht zu beeindrucken. Philosophie lebt davon, dass du dir das innere Kind bewahrst, vermeintliche Gewissheiten hinterfragst und eben doch noch Staunen kannst.

Dazu müssen wir uns nicht in die Grundschule zurückversetzen. Nehmen wir den Lebensabschnitt, in dem der Mensch der Kindheit entwächst und checkt, dass die Erwachsenen auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen haben.

14 Jahre ist prima. Das Alter, in dem die Heldin aus Sofies Welt die Philosophie für sich entdeckt. Und das Alter, das Tilo Jung zum Auftakt des YouTube-Kanals Jung & Naiv seinem neugierigen Alter Ego gibt. Nicht zuletzt das Alter, in dem Hannah Arendt bereits Kant und Kierkegaard las (zwei berüchtigt schwierige Philosophen).

Was hast du mit 14 Jahren gemacht? Welche Themen haben dich beschäftigt? Welche Bücher hast du gelesen? Beamen wir uns zurück ins Jugendalter und startet voller Elan in das Fach Philosophie.

Info: Anspruch auf allgemeine Gültigkeit gibt’s nicht. Jede Generation, Person und Station im Leben bringen neue Gedanken mit sich. Du wirst immer auf Andersdenkende treffen. Das ist gut so. Selbst über Grundlegendes wie die Einteilung der Philosophie und was sie ist, gibt’s verschiedene Ansichten. Drum gilt für diesen und folgende Beiträge: Das ist nur meine Sicht der Dinge, die nie alles im Blick hat. Korrigiere mich gerne, wenn ich mal ganz groben Unfug verzapfe. Also dann, zur Sache!

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Was ist Philosophie? · Begriff & Sache

Der Begriff »Philosophie« kommt aus dem Altgriechischen und lässt sich zerlegen in philo – die Liebe, und sophia – die Weisheit. Die Liebe zur Weisheit. Gemeint ist ein tieferes Verständnis von Zusammenhängen aller Art. Manche praktizieren diese Liebe als Hobby, andere als Wissenschaft. Auch wenn ihr Status als Wissenschaft in Frage gestellt wird, ist die Philosophie ein etabliertes Fach an Universitäten weltweit. Sie war auch schon am Start, als sich im Lauf der Geschichte überhaupt erst Wissenschaften entwickelten, insofern: Die Philosophie sitzt fest im Sattel.

An der FernUniversität Hagen, die gemessen an der Zahl eingeschriebener Studierender die größte Universität in Deutschland ist, da begegnet dir Philosophie als Fach der Kulturwissenschaften. Diese bilden den Oberbegriff für das, was einst Geistes- oder Sozialwissenschaften waren: Fächer wie Geschichte, Literatur- und Musikwissenschaft, Soziologie – und die Philosophie. Letztere sprengt insofern den kulturwissenschaftlichen Rahmen, als sie nicht ein Thema hat, das sie definiert.

Eher ist es eine bestimmte Weise, mit der sie alle möglichen Themen in ihren Blick nimmt, über die sich das Fach Philosophie der Sache nach erfassen lässt: Sie ist die Wissenschaft des immerzu prüfenden Ergründens und Hinterfragens. Als solche bedarf die Philosophie einer weiteren Einteilung.

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Einteilung und Themen

Von der Metaphysik als »Erste Philosophie« über große Disziplinen bis hin zu Zweigen wie der Philosophie des Geldes, des Glücks, des Gärtnerns gibt es nichts, was vor der Philosophie sicher wäre. Aus diesem Grund ist sie auch schwieriger kleinzukriegen, als etwa die Astrologie (die Sterndeutung), die wir aus dem Reich der Wissenschaften in die Rubrik Horoskope verbannt haben. Das Fach Philosophie unterteilt sich in zwei Bereiche und diverse Disziplinen.

Theoretische Philosophie

Bereich 1: Die theoretische Philosophie befasst sich damit, was ist. Es geht darum, wie die Dinge sind, in Wirklichkeit, in der Wahrnehmung oder jenseits davon – und was wir überhaupt in Erfahrung bringen können. Eine zentrale Frage lautet: Was kann ich wissen? Ziel ist es, die Welt mit all ihren Erscheinungen besser zu verstehen. Der Begriff »Theorie« geht auf das griechische Wort theoría zurück. Es bedeutet: Anschauung, Betrachtung, Überlegung. Einige Disziplinen der theoretischen Philosophie sind etwa:

  • die Erkenntnistheorie, die das Zustandekommen von Wissen ergründet
  • die philosophische Anthropologie und ihre Frage: Was ist der Mensch?
  • die Metaphysik, die das Sein untersucht
  • die Philosophie des Geistes
  • die Sprachphilosophie

Praktische Philosophie

Bereich 2: Die praktische Philosophie befasst sich damit, was sein soll. Es geht um das menschliche Handeln und normative Gedanken dazu. Normativ heißt: Normen betreffend und hervorbringend. Normen sind Regeln für das Zusammenleben von Menschen. Eine zentrale Frage lautet hier: Was soll ich tun? Ziel ist es, die Welt mit all ihren Bewohnern bestmöglich zu erhalten. Das deutsche Wort »Praxis« geht auf das griechische Wort prâxis zurück. Es bedeutet: die Handlung, Tat, Verrichtung. Die bekanntesten Disziplinen sind:

  • die Ethik als Wissenschaft der Moral
  • die Rechtsphilosophie, in der die Ethik zur Anwendung kommt
  • die politische Philosophie, die Staatstheorien hervorbringt

Wie du merkst, wird die praktische Philosophie auch theoretisch betrieben. Und doch ist sie klar auf die Praxis, also aufs Handeln ausgerichtet. Als Beispiel ein kleiner Exkurs in die Rechtsphilosophie:

Mit ihren Handlungen beziehen sich Menschen aufeinander. Deshalb bedarf es einer Regelung der gegenseitigen Anerkennung: eines Rechtszustands. Handlungen unterscheiden sich vom tierischen Verhalten dadurch, dass sie vernunftbezogen sind. Obwohl die meisten Handlungen nicht mit dem Recht in Berührung kommen, spielen sie sich – in geregelten Verhältnissen – alle innerhalb eines Rahmens ab, den das Recht vorgibt. Die Rechtsphilosophie dreht sich um die Rechtsgrundsätze, an denen wir unsere Handlungen ausrichten. Dass es solche Grundsätze oder Prinzipien gibt, hat seine Ursache in der Rechtsidee, welche der Vernunft innewohnt. Ob es wiederum solche der Vernunft innewohnenden Ideen überhaupt gibt, das ist wieder eine Frage der theoretischen Philosophie.

Etablierte Einteilung

Die Unterteilung in theoretische und praktische Philosophie ist institutionell etabliert. Oft werden die Bereiche von je eigenen Lehrstühlen vertreten. An der FernUni Hagen war’s zu Beginn meiner Studienzeit (2016) so:

Im Kursheft Einführung in die Theoretische Philosophie (PDF-Vorschau) erläuterte Prof. Dr. Hubertus Busche die Unterteilung von Wissenschaftsdisziplinen durch Aristoteles und nannte die Vor- und Nachteile einer Differenzierung in Disziplinen. Die Einführung in die Praktische Philosophie unternahm Prof. Dr. Thomas Sören Hoffmann (Inhaltsverzeichnis des Kursheftes). Als zentrales Thema der praktischen Philosophie beschrieb er die Freiheit.

Was Hoffmann unter Freiheit (Autonomie, Selbstbestimmung) versteht, geht aus einem Vortrag hervor, den er 2019 für den Bundesverband Lebensrecht e. V. (BVL) hielt. Der BVL wird zuweilen harsch kritisiert, u. a. in offenen Briefen, etwa »gegen die Unterstützung fundamentalistischer Abtreibungsgegner durch die CDU/CSU« (2010) oder von der Politikerin Ulle Schauws (2017). Das Thema Abtreibung wirft die klassisch praktisch-philosophische Frage auf, wessen Freiheit inwiefern geschützt respektive eingeschränkt werden darf.

Es gibt Disziplinen, die sich nicht recht einordnen lassen, in die Bereiche der theoretischen oder praktischen Philosophie. Dazu gehören etwa die Ästhetik, die Logik oder die Philosophiegeschichte. Nun stellt sich bei einem Fach wie Philosophie in ihrer Themenvielfalt die Frage: Da sich kaum jemand für alles interessieren, geschweige denn über alles im Bilde sein kann – für wen bietet sich dieses Fach überhaupt an? Wer mag sich warum für die Philosophie begeistern? Gut Nachricht vorweg: Eine Altersgrenze gibt es nicht. Also schnell nochmal den Schnuller polieren oder die Leselupe scharf stellen – jetzt gehen wir dem Sinn und Zweck der Philosophie auf den Grund.

Sinn und Zweck der Philosophie

Wer jung ist, soll nicht zögern zu philosophieren, und wer alt ist, soll der Philosophie nicht überdrüssig werden. Denn für niemanden ist es zu früh oder zu spät, sich um die Gesundheit der Seele zu kümmern.

Epikur: Brief an Menoikeus

Das war Epikur. Schön. Aber was soll die »Gesundheit der Seele« sein? Ist mit »Seele« etwa »Geist« gemeint, im Sinne von Bewusstsein? Das sind Fragen der Philosophie. Fragen, wie sie ein Kind stellt, bis es merkt, dass die Erwachsenen keine Antworten darauf haben. Es sei denn, das Kind wächst in einem religiösen Umfeld auf. Wenn du nach Antworten suchst, bist du in der Theologie besser aufgehoben, der Lehre von Gott.

Tipp: Hier ein Beitrag zum Thema Gottesbeweise bei Thomas von Aquin und Anselm von Canterbury.

In der Philosophie wirst du die frustrierende Erfahrung machen, dass es auf viele Fragen keine endgültigen Antworten gibt. Zur Erinnerung: Philosophie ist die Liebe zur Weisheit, nicht zum Wissen. Weisheit ist ein Verständnis, das sich auch im Unwissen ausdrücken kann. »Ich weiß, dass ich nichts weiß«, dieser alte Schuh von Sokrates. Wenn du dir den anziehst, bist du auf einem philosophischen Weg – auch, wenn du dich in der Konsequenz eher dümmer als klüger fühlst. Was soll das bringen?

Hier mal drei Gründe für das Fach Philosophie.

Relevanz der Philosophie

Im Vergleich zu allem, was es zu wissen gäbe, weiß die Menschheit wenig. Selbst unser Wissen um Wesentliches aktualisiert sich gelegentlich. Erst recht in einer Ära, da der Mensch in den Genpool eingreift und Intelligenz künstlich erschafft. Je mehr wir können, desto wichtiger wird, was wir wollen, sollen und tun müssen. All das sind philosophische Angelegenheiten. Was du also davon hast, dich mit Philosophie zu beschäftigen, ist eine anspruchsvolle Auseinandersetzung mit aktuellen Fragen – und so der Möglichkeit, mithalten zu können, in schnelllebigen Zeiten. Grund 1 zur Wahl dieses Fachs: Philosophie spielt eine Rolle in Gegenwart und Zukunft. Sie wird zunehmend wichtiger, um im Zeitgeschehen halbwegs den Durchblick zu behalten.

Kompetenz durch Philosophie

Je mehr es von uns Menschen gibt und je enger es auf der Erde wird, desto dringender werden Fragen des Zusammenlebens. Um im Gewimmel von Meinungen und Wahrheiten das eine vom anderen trennen zu können und die richtigen Entscheidungen zu treffen, sind verschiedene Skills wichtig. Zuhören etwa, und verstehen, was gesagt wird. Einfühlungsvermögen in die Situation anderer – und vermitteln können. Wenn du was zu sagen hast, willst du reden und argumentieren können, um andere Menschen zu überzeugen.

Was du also davon hast, dich mit Philosophie zu beschäftigen, ist die Schulung solcher Fähigkeiten, und so die aktivere Teilnahme am sozialen Miteinander. Grund 2 zur Wahl des Fachs: Philosophie schult Sozialkompetenz in allen Lebensbereichen. Sie hilft dir im Privaten, in der Schule, auf der Arbeit oder im Internet.

Konsequenz von Philosophie

So wie sich unser Wissen überholt, so auch die Fähigkeit, es anzuwenden. Wenn du deinen Körper nutzen willst, trainierst du Muskeln. Wenn du Wissen nutzen willst, trainierst du den Verstand. Nicht mit Liegestützen und Bankdrücken, sondern Lesestündchen und Nachdenken.

Die Philosophie ist ein Fach, das mehr zum Bücherwälzen und Grübeln einlädt, als viele andere – und wie wir von Tyrion Lannister wissen: »So wie ein Schwert den Wetzstein braucht ein Verstand Bücher, um seine Schärfe zu behalten.« (aus: Das Lied von Eis und Feuer)

Was du von der Beschäftigung mit Philosophie hast, ist die Ölung deiner rostenden Denkmaschine. Grund 3 für die Philosophie: Sie schärft den Verstand in allen Lebensabschnitten. Philosophie konfrontiert dich mit neuen Ideen und Gedanken und hält dich damit fit im Denken.

Sicher, manche Bücher sind uralt, tausendfach gelesen, Schnee von gestern. Aber vielleicht bist du die einzige Person deiner Generation, die dieses und jenes und noch ein Buch liest und aus dieser seltenen Kombination und deiner persönlichen Lebenserfahrung eine neue Erkenntnis gewinnt. Im nächsten Abschnitt geht’s darum, wo und wie du Philosophie studieren kannst – nicht nur an der Uni.

Studium der Philosophie

Der Philosoph Richard David Precht schrieb in Wer bin ich und wenn ja, wie viele?, das Schöne an Philosophie sei, dass du sie nie zu Ende studierst (S. 11). Das kann entmutigend klingen, denn wo kein Ende in Sicht, da willst du gar nicht erst loslegen. Um zu verstehen, was Precht meinte, betrachten wir im Folgenden drei Möglichkeiten, Philosophie zu studieren: im Präsenzstudium, Fernstudium oder Selbststudium. Manche Dinge gelten für jede dieser Möglichkeiten:

Stell dir das Fach der Philosophie als eine große Tafel vor. Daran sitzen etliche Menschen und reden durcheinander. Sie benutzen komische Begriffe und Namen und sprechen fast eine eigene Sprache. Dauernd beziehen sie sich auf irgendwelche Ideen und Schriften, zu denen die Anderen nur nicken, ja, ja, altbekannt. Du merkst schnell, dass diese Tischrunde nicht erst seit Stunden rumsitzt – und du magst schockiert sein, wenn du checkst: Das geht seit Jahrtausenden so! Im Beitrag zum Projekt Zeitreise teilen wir diese lange Zeit in kürzere Sinnabschnitte ein, als eine erste Orientierung.

Du kannst eine Weile zuhören, was die Tafelrunde in deiner Gegenwart von sich gibt. Doch um wirklich zu verstehen und mitreden zu können, ist es sinnvoll, sich ins Thema zu lesen. Dazu gibt es Primär- und Sekundärliteratur, zwei Begriffe, die dir auch in anderen Studienfächern begegnen. Primärliteratur, das sind die philosophischen Texte selbst, die ursprünglichen Schriften mit den originalen Gedanken großer Köpfe, etwa die Dialoge von Platon oder Bücher von Beauvoir. Sekundärliteratur umfasst Schriften über Primärtexte. Zuletzt gibt’s noch Tertiärliteratur: Lexika und Nachschlagewerke, zuweilen speziell für Philosophie. Ein paar konkrete Buchtipps findest du gleich im letzten Abschnitt dieses Beitrags.

Das willkürliche Einlesen in mal dieses, mal jenes Werk ist ein Weg, sich Philosophie-Kenntnisse anzueignen. Doch die systematischere Route führt über ein Studium. Hier besagte drei Möglichkeiten:

Philosophie im Präsenzstudium

Philosophie als Präsenzstudium kannst du an zahlreichen deutschen Universitäten absolvieren, von A wie Augsburg bis W wie Würzburg. (In Z wie Zwickau leider nicht.) Nach sechs Semestern Regelstudienzeit hast du den Abschluss Bachelor of Arts (B.A.) im Sack – und wenn du möchtest, kannst du noch vier Semester für den Master dranhängen. Ob Philosophie dabei das Fach bleibt, auf dem dein Fokus liegt, das hängt vom Studiengang ab, den du wählst.

Als Voraussetzung gilt in der Regel die Allgemeine Hochschulreife und Fremdsprachenkenntnisse, zumindest in Englisch, sind hilfreich. Wenn du Altsprachenkenntnisse besitzt, kannst du hier in den seltenen Genuss kommen, antike Texte im Original zu lesen – dann hat sich das Graecum oder Latinum doch noch gelohnt!

Philosophie im Fernstudium

Ich persönlich hatte bis Studienstart leider all die Altgriechisch- und Lateinstunden wieder vergessen. Ein Fernstudium, wie ich es an der FernUniversität Hagen begonnen habe, lässt sich als Vollzeit- oder Teilzeit-Studium angehen. Vollzeit entspricht den üblichen sechs Bachelor- bzw. vier Master-Semestern. Teilzeit-Studierende haben doppelt so viel Zeit. Du kannst auch Teilzeit einsteigen und, wenn dein Kalender es zulässt, mal das Vollzeit-Pensum an Modulen buchen – um so die Studienzeit wieder verkürzen. Im Fernstudium bekommst du die Studienhefte für die Module nach Hause geschickt. Vorteil: Du kannst auf der Couch bleiben. Nachteil: Du kannst auf der Couch bleiben.

Abschluss in Philosophie

Was bringt so ein Abschluss in Philosophie? Berufsaussichten gibt’s für gelernte Philosophen in Archiven, Bibliotheken, in Lehre und Forschung, Journalismus und Verlagswesen. Ich weiß, klingt nach einer Parade der sinkenden Schiffe und ich will nicht behaupten, dass Philosophie die beste Wahl für ein sicheres (geschweige denn saftiges) Gehalt und Wohlstand bis ins hohe Alter ist.

Aber! Bei manchen Vorgesetzten wird eine Frage nach Gehaltserhöhung mit dem Argument ausgeschlagen, dass ja nicht mal ein höherer Bildungs-Abschluss vorliege – und zwar irgendeiner. Wenn du für solch spezielle Fälle einen Hochschul-Abschluss machen willst, einfach bloß, um einen zu haben, dann ist Philosophie das ultimative Selbstzweck-Fach.

Philosophie im Selbststudium

Nun ist in unserer schrecklich oberflächlichen Leistungsgesellschaft ja nicht jeder Mensch auf ein Zeugnis aus. Gerade Philosophie lässt sich sehr gut als Selbststudium erarbeiten, nebenbei und um der Sache willen. Das war es wohl, was Precht mit »nie zu Ende studieren« meinte. Eines verspricht jede Art des Studiums der Philosophie: Sie eröffnet dir ein ungeahntes Universum an Ideen, Gedanken, Geschichten, die nicht nur hilf- und lehrreich sein können, sondern auch durchaus unterhaltsam. Jede Menge Literatur ist im Netz verfügbar, viele philosophische Originaltexte sogar kostenlos und in voller Länge – etwa in der Online-Bibliothek zeno.org. Allein die schiere Menge an Texten und Themen kann abschreckend sein, aber dafür gibt’s ja Starthilfen – ob als Online-Beiträge wie dieser hier, oder in guter alter Buchform…

Buchtipps zur Philosophie

Zum Abschluss gibt’s hier ein paar Buchtipps zur Philosophie. Das heißt, ich stelle eine Auswahl an Büchern vor, die einen guten Einstieg ins Thema bieten. Merke: Es geht um eine Auswahl, nicht die einzig wahre, und einen guten Einstieg, nicht den allerbesten. Dafür habe ich kleines Licht viel zu wenig gelesen. Wenn du Bücher kennst, die ein Must-Read für angehende Philosophen sind, schreib mir gerne, dann werde ich die Werke hier ergänzen.

Buchtipps für Jugendliche

Los geht’s mit einem Klassiker, der schon im Jugendalter gelesen werden kann, aber seit 1991 auch zahllose Erwachsene für Philosophie begeistert hat. Gemeint ist Sofies Welt von Jostein Gaarder. Darin wird so systematisch wie sympathisch die Geschichte der Philosophie erzählt. Das Ergebnis ist ein toller Erstkontakt mit vielen Ideen und Namen der Philosophie.

Der große Rundumschlag mehr »für Große« geschrieben und doch noch leicht zu lesen, weil nicht streng aufs Philosophische fokussiert, ist Die philosophische Hintertreppe von Wilhelm Weischedel. Dieses Buch stellt »34 große Philosophen in Alltag und Denken« vor (allesamt Männer). Ein ähnliches Philosophie-Buch mit dem Fokus auf die vergleichsweise wenigen Frauen des Fachs ist mir nicht bekannt. Woran das liegen mag, wird wiederum in Sofies Welt thematisiert. Da liest das Mädchen Sofie in einem der vielen Briefe ohne Absender:

Die Geschichte der Philosophie ist von Männern geprägt. Und zwar, weil die Frau sowohl als Geschlecht wie auch als denkendes Wesen die ganze Menschheitsgeschichte hindurch unterdrückt war. Das ist schlimm, denn auf diese Weise sind viele wichtige Erfahrungen verloren gegangen.

Jostein Gaarder: Sofies Welt, S. 40.

Dahingehend ein lehrreiches Buch ist Women in Philosophy: What Needs To Change von Katrina Hutchison und Fiona Jenkins. Dieses liegt allerdings, soweit ich weiß, nicht auf Deutsch vor und setzt inhaltlich und sprachlich schon einige Philosophie-Kenntnisse voraus.

Die philosophische Hintertreppe wiederum wird auch von Precht empfohlen, als »die berühmteste Einführung in die Werke der wichtigsten Philosophen«. Prechts eigenes, bis heute wohl bekanntestes Werk, der Bestseller Wer bin ich und wenn ja wie viele? versteht sich seinerseits als »Einführung in die philosophischen Fragen des Menschseins und der Menschheit« – hier geht’s zur Buchkritik. 

Tipp: Einige Must-Reads für Philosophie-Studierende hat Isabell Prophet (@Izyy) für das Online-Magazin ze.tt zusammengestellt.

Buchtipps für die Praxis

Zum Einstieg anderer Art geeignet, als ein Methodenbuch zur Philosophie, ist Selbst Philosophieren von De Gruyter. Dieses Buch lädt zum Analysieren, Argumentieren, Definieren und Interpretieren ein, so richtig schön zum Kopfzerbrechen – ein guter Praxistest für Philosophie in der Anwendung, denn:

Es ist […] nichts daran verkehrt, sich mit der Philosophiegeschichte um ihrer selbst willen zu beschäftigen […] Es ist aber sehr irreführend, die Beschäftigung v. a. mit den sog. Klassikern […] selbst schon für Philosophie im engeren Sinne zu halten.

Selbst philosophieren, S. 11

Ein weiterer Praxis-Buchtipp, egal ob für Präsenz-, Fernstudium oder Selbststudium, ist der Band Wissenschaftliches Arbeiten im Philosophiestudium, über den ich im Beitrag zur Kulturtechnik Lesen bereits schrieb. In dem Band finden sich viele weitere Hinweise für Philosophie-Literatur.

Buchtipps der Community

Tipp: Zu einer früheren Version dieses Beitrags haben mich über Kommentare noch folgende Literatur-Empfehlungen erreicht. Danke dafür!

  • Existenzialismus ist ein Humanismus (1946) von Jean-Paul Sartre, »falls man noch ganz jung und wild ist, kann dieses Buch sehr interessant sein. Bleibt aber auf der französischen Existenzphilosophie stehen.
  • Philosophie – Ein Sachcomic (2011, InfoComics) von David Robinson & Judy Groves, »ein Favorit von mir für den ersten Kontakt mit Philosophie. Echt nett gemacht und ich denke, vor allem für jüngere Menschen ein guter Einstieg.«
  • Praktische Ethik (2013, Reclam) von Peter Singer, »kein Rundumschlag, jedoch sehr anschaulich über diverse mitunter auch aktuelle Themen. Wie im Namen aber angemerkt, bleibt es auf der Ebene der Moralphilosophie.
  • Was bedeutet das alles (2012, Reclam) von Thomas Nagel, »geht im groben alle Themenbereiche durch und ist auch im Allgemeinen sehr anschaulich geschrieben.«

Feedback und Fragen wie immer gerne in die Kommentare. Wenn du über zukünftige Beiträge auf dem Laufenden bleiben willst, hier geht’s zum Newsletter. 💌 Bis bald!

3 Gedanken zu „Was ist Philosophie?“

  1. Hi,

    als erstes mal vielen Dank für deine Buchtipps und ein großes Lob für deinen Youtube Kanal.
    Ich habe nun Sofies Welt, Eine kurze Geschichte der Menschheit und eine philosophische Hintertreppe durch. Die ersten beiden Bücher waren wirklich super und vorallem als „Buch Neuleser“ fiel es mir nicht schwer längere Zeit am Stück zu lesen. Da ich mein Leben lang nur Zeitschriften oder irgendwelche Artikel gelesen hatte, viel es mir immer wieder schwer ein Buch am Stück zu lesen geschweige denn es zu beenden… bis eben deine erwähnten Bücher kamen^^.
    Wobei ich sagen muss die philosophische Hintertreppe war doch etwas „zäher“ zu lesen.
    Nun zu meiner Frage, hast du eventuell noch weitere Tipps im Form der ersten 2 Bücher? Mein Ziel ist eben, mein Wissen bzgl. Philosophie und Allgemeinwissen zu verbessern.
    PS. Aktuell bin ich im ersten Band von Richard David Precht und ja was soll ich sagen, bin noch am Ball^^

    Viele Grüße
    Andi

    Antworten
    • Hey Andreas, danke für deinen Kommentar – und entschuldige die späte Rückmeldung. Freut mich, dass dich die Leselust erwischt hat. 🙂 Als weitere lesenswerte Werke würde ich empfehlen: Bildung – eine Anleitung (2020) von Jan Roß (streift die Philosophie nur, ist aber eine tolle Einführung in sowas wie »Allgemeinbildung«). Da du Precht erwähnst, wäre als weiterer Gegenwartsphilosoph sicher Markus Gabriel einen Blick wert, der hat vor kurzem das Buch Moralischer Fortschritt in dunklen Zeiten (2020) herausgebracht. Mehr in Form der ersten zwei Bücher wären natürlich die weiteren Werke von Harari, die unbedingt empfehlenswert sind, sowohl Homo Deus als auch 21. Lektionen für das 21. Jahrhundert. Viele Größe und viel Lesefreude weiterhin! David

      Antworten
      • Vielen Dank für deine weiteren Buchtipps, wobei ich Homo Deus vor verfassen deiner Antwort bereits gelesen hatte^^ und auch von mir Entschuldigung für die späte Danksagung.
        Der Grund für die späte Rückmeldung bzw. Feddback, ich wollte erstmal die Bücher lesen 😀
        Auch das dritte Buch von Harai, ist einfach super (bis dato die Bücher welche am leichtesten bzw schnellsten gelesen wurden und er direkt zu einer meiner Lieblings Autoren geworden ist), aber das Buch von Jan Roß hat mir meinen weiteren Weg in die Bücherwelt enorm erleichtert (direkt bestellt habe ich mir bereits „die Nachtwandler“ von Arthur Koestler sowie das Notizbuch von Henning Ritter) und weitere Bücher stehen bereits auf meiner Liste Karl Popper „die offene Gesellschafft und ihre Feinde“, John Stuart Mill „Essay über die Freiheit“, Georg Lukacs „Geschichte und Klassenbewußtsein sowie „I am a cat“ von Natsumi Soseki.
        Der Grund für die Auflistung ist etwas egoistisch, da ich mir doch weitere Buchtipps von dir erhoffe, da ohne zu schleimen deine Tipps bis dato in Sachen Philosophie wie Geschichte/Bidlung wirklich Gold wert waren!

        Ich wünsche dir weiterhin für deine Projekte viel Erfolg….
        PS: Was hälst bzw würdest du einem Anfänger Slavoj Zizek und dessen Werk Slavoj Zizek zwischen Lacan und Hegel: Politische Philosophie – Metapsychologie – Ethik empfehlen?
        Da ich gerne mehr über Kant und Hegel lesen bzw erfahren möchte. Wobei hier Kant bevorzugt wäre, da ich mir Ende diesen Jahres seine 3 Kritiken der reinen Vernunft holen möchte (aber ich mich jetzt noch nicht bereit dafür fühle :D)

        PPS: Das Essay von Nietzsche „Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben“ werde ich mir ebenfalls noch zulegen auch wenn dieses Eassy von Herrn Roß kritisiert wurde (Nietzsche war mein erst gelesener Philosoph und wird auch irgendwie immer mein Lieblingsphilosoph bleiben, immer wenn jemand seinen Namen erwähnt werde ich ganz hellhörig im positiven als auch im negativen Sinn.
        Entschuldigung für den langen und wahrscheinlich sehr durcheinander geschrieben Text, meine Stärken liegen eher im Verbalen Bereich 😀
        Weiterhin viel Gesundheit!

        Antworten

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