Schlagfalle

Der Kurzfilm Schlagfalle ist 2011 entstanden. Im Zentrum stehen drei Jugendliche, die beim Streunen im Wald über das Thema Selbstjustiz stolpern. Dieses Projekt ist eine Amateurfilm-Produktion, mit Cast und Crew ohne professionellen Hintergrund. 2012 wurde Schlagfalle unter dem Titel Killing kids auf dem International Short Film Festival (ISFF) Detmold aufgeführt.

Hinweis: Der Kurzfilm Schlagfalle ist auf YouTube verfügbar.

Zur Handlung von Schlagfalle

Kurz: Drei Teens stoßen im Wald auf einen gesuchten Kindermörder. Oder ist er’s doch nicht? Der Mann steckt in einer Schlagfalle fest. Sein Schicksal liegt in den Händen der Jugendlichen.

Zwei Kinder töten beim Spielen einen Fisch – und beerdigen ihn. Auf dem Rückweg gerät eines der Kinder, ein achtjähriges Mädchen, in die Hände eines Unbekannten. Sie verschwindet spurlos. Drei Jugendliche, die im Wald herumstreunen, hören im Radio von der Suche nach dem Kind. Minuten später stolpern sie über einen Mann, dessen Bein in einer Schlagfalle steckt. Er hat viel Blut verloren und wimmert vor sich hin. Neben ihm: Ein Spaten und eine Plastiktüte – darin die Kleidung eines Kindes. Die Jugendlichen geraten in Streit. Sollen sie die Polizei rufen? Oder sollen sie sich selbst um den Mann kümmern?

Zum Hintergrund

Gedreht wurde der Kurzfilm Schlagfalle größtenteils mit einer Canon XL2 (wie auch schon die ersten Kurzfilme im Jahr 2010). Allein für den Prolog und den Epilog – die Aufnahmen mit den Kindern – kam für mich erstmals eine DSLR-Kamera (eine Nikon D90) zum Einsatz. Apropos Technik: Die Schlagfalle, die als Requisite im Film zum Einsatz kommt, wurde von zwei findigen Teammitgliedern aus Metallresten einer alten Regenrinne gebastelt.

Zum Festival in Detmold

Das ISFF Detmold widmet sich überwiegend nicht-kommerziellen Kurzfilmen. Neben Dokus und Animationen auch (zuweilen experimentelle) Kurzfilme von bis zu 15 Minuten Spieldauer. »Von großen Premieren bis zu Low-Budget-Produktionen, vom engagierten Spielfilm bis zur aktuellen politischen Dokumentation, vom restaurierten Klassiker bis zu ersten Arbeiten unbekannter junger Talente ist alles vertreten«, schreiben die Veranstalter über das Festival. Als knapp achtminütiger No-Budget-Film hatte Schlagfalle das Glück, ins Programm aufgenommen zu werden.


Zur Entstehung von Schlagfalle

Der Arbeitstitel des Kurzfilms Schlagfalle (alternativer Titel: Kinder töten) lautete The Trap. Unter dieser Überschrift liegt in einem Notizbuch aus dem Jahr 2011 noch die erste Niederschrift der Filmidee vor. Hier mal ein wortgetreues Transkript dieser ersten Notizen zum Film – für alle, die der Wandel von einer ersten Idee hin zum fertigen Werk interessiert.

The Trap (AT)

Prolog. Ein kleines Mädchen (8) allein auf dem Spielplatz. Es sitzt im Sandkasten, spielt und singt. Im Hintergrund setzt sich ein Mann auf eine Bank und schaut zu. Oder: Mädchen mit Schultasche läuft nach Hause (schiebt Kinderfahrrad mit platten Reifen?) und wird von einem Wagen verfolgt, der unauffällig hinter ihr her rollt. Im Auto läuft das Radio. Der Song geht bei Einblendung des Filmtitels in Nachrichten über: Die Polizei fahndet intensiv nach einem roten Chevrolet. Passanten wollen die seit zwei Tagen vermisste Maite in einen solchen Wagen einsteigen gesehen haben. 

Kids im Wald

Diese Nachrichten hören drei junge Freunde. Sie machen mit ihren Mountainbikes Rast auf einer Lichtung im Wald. Sie trinken was, rauchen und lauschen dem Radio. 

»Jede Wette, dass die nicht mehr lebend auftaucht.« – »Um sowas wettet man nicht.« – »Ist doch so.« – »Hier in der Gegend… wenn ich mir vorstelle, dass würde meiner Schwester passieren…« – »Schalt mal um, irgendwo wird doch Musik laufen.«

Jugendliche unter Alkoholeinfluss. Zwei Jungs, ein Mädchen. Erik, Finn, Lara.

»Wie weit sind wir jetzt eigentlich?« – »Noch nicht mal nah dran am Zeitplan. Bei unserem Schneckentempo und den ganzen Pinkelpausen.« – »Apropos, bin mal pinkeln.« – (sie) »Es ist rattenkalt.« – »Willst du’n Kaffee? Mit Schuss.«

Erik geht pinkeln. Dabei hört er Stöhnen und Seufzen hinter einem Gebüsch. Er schaut nach. Da liegt ein Mann in einer Blutlache. Sein Bein klemmt in einer Wilderer-Falle fest. Die hat zugebissen wie’n Krokodil. Der Teenager will dem Mann helfen. Dann fällt ihm der Spaten auf. Und die Tüte, aus der gelber Stoff herausragt. Zuletzt sieht Erik den Wagen in der Ferne – ein roter Chevrolat – und der Groschen fällt. | Lara und Finn reden noch. Erik steht plötzlich wieder da:

»Kommt mal mit.«

Die Drei stehen vor dem Mann und starren ihn an.

(Lara) »Ruf ’n Krankenwagen!« – (Erik) »Nein.« – (Finn) »Diese Fallen sind verboten.« – »Wie, nein?« – »Waren bestimmt Wilderer, scheiße.« – »Nein, wir rufen keinen Krankenwagen!«(Lara) »Der schwimmt in seinem Blut, um Himmels willen! Wir rufen jetzt einen Krankenwagen!« – »Schaut doch mal genauer hin!« – (Finn) »Der fährt ’n roten Chevrolet.«

Wut und Willkür

Jetzt schnallen auch die anderen, wen sie mutmaßlich vor sich haben.

(Lara) »Selbstjustiz ist verboten!« – (Erik) »Selbstjustiz wäre, wenn der Vater des Mädchens diesen Kerl fertig machen würde. Das hier ist mehr als fair! Wir sind seine Geschworenen, Richter und Henker!« – »Willst du ihn umbringen, oder was?« – »Verdient hätte er’s!« – »Denk’ doch mal nach, Mann – für Mord gehst du selbst hinter Gitter. Ist es das wert?« – (Erik) »Wir sind hier mitten in der Pampa. Niemand könnte uns das nachweisen!« – »Du hast hier gerade hingepisst, du Depp!« – »Außerdem wissen wir doch gar nicht, ob er sie umgebracht hat. Vielleicht versteckt er sie im Kofferraum.« – »So ein Quatsch…« – »…der hat sie längst verbuddelt! Warum hast du das getan, he? WARUM!?«

»Ich hab’ nichts getan«, antwortet der Mann in der Falle immer wieder. Er wirkt geistig nicht ganz auf der Höhe. »Was hast du mit ihr angestellt?«, will Erik wissen. Er tritt den Mann immer fester.

Die Kleider des Mädchens

»Der ist doch schon so gut wie tot! Mach’ keinen Scheiß, Mann. Du hast keine Beweise!« – »Das sollen keine Beweise sein?«

Erik zeigt die Tüte mit den Kinderklamotten.

(Lara) »Lass das liegen – du verwischst die Spuren.« – »Siehst du? Du weißt es auch! Was zum Teufel hast du Dreckskerl getan?« – (Mann) »Die gehören mir nicht!« – »Natürlich nicht, die gehören dem Mädchen!« – »Ich hab das gefunden!« – »Beim verdammten Pilze-Sammeln? Hast du einen verdammten Spaten, die Mädchenklamotten und den Wagen gefunden???« – »Ich hab die Sachen im Auto gefunden!«

Das Urteil

Die Jungs gehen zum Kofferraum und schauen nach. Dort hören sie weitere Nachrichten aus dem laufenden Autoradio. In der Nähe sei eine Mädchenleiche gefunden worden. Die Polizei durchstreife den Wald. Die Jungs zurück bei Lara und dem Mann:

»Das Mädchen ist tot. In spätestens 20 Minuten sind die hier. Dann machen die ihn los, flicken ihn wieder zusammen, sperren ihn in eine warme Zelle. Die füttern ihn, pflegen ihn und in drei Jahren kommt er wegen guter Führung auf Bewährung frei.« – (Finn) »Du hast Recht.« – (Lara) »Bei Mord doch nicht!«

Der Streit ufert aus. Erik nimmt den Spaten. Dem Mädchen wird schlecht. Sie verschwindet im Dickicht und muss sich übergeben. Plötzlich wird sie auf einen Körper aufmerksam, der leblos an einem Strick baumelt – ein Mann, der sich erhängt hat.

SCHNITT auf Erik, der den Verletzten in der Falle mit dem Spaten erschlägt.

ENDE


Das Medium als Möglichkeit

Rückblickend weiß ich nicht mehr, welcher konkrete Fall es war, der meinen Gedankengang zum Thema Selbstjustiz derart in Bewegung gesetzt hat, dass daraus ein Kurzfilm wurde. Die »Moral von der Geschicht’« – dass die Todesstrafe sich verbietet, weil sie die Falschen erwischen kann – stammt aus elterlicher Prägung. Daheim wurde damals immer dieses Argument zur Sprache gebracht, wenn über Justizsysteme anderer Länder (mit der Todesstrafe) diskutiert wurde.

Noch im selben Jahr haben wir ein Drama über Mukoviszidose gedreht (den Film Jakobs Weg). Damit stellte 2011 für mein Verständnis vom Filmschaffen einen Wendepunkt dar: Ich nahm das Medium erstmals (mit Anfang 20 reichlich spät…) bewusst als eine Möglichkeit wahr, aktuelle, gesellschaftliche, politische oder mir anderweitig relevant erscheinende Themen zu verarbeiten. Bis dato war Film für mich eine Spielwiese, auf der bloß popkulturelle Einflüsse und Referenzen miteinander verwoben wurden.

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