Was sind deine Ziele?

In diesem Beitrag geht es um sinnvolle Ziele im Leben. Wozu sind Lebensziele gut, wo zu finden und wie einzuhalten? Das hier ist der letzte Beitrag einer kleinen Reihe mit dem großkotzigen Titel Ein Jahr, das dein Leben verändern kann – was natürlich für jedes Jahr gilt, ob du willst oder nicht, aber eben darum geht’s: Wo ein Wille ist, ist auch ’ne Weggabelung. Muss ja nicht unbedingt alles so laufen, wie Schicksal, Zufall oder Sonstwer es wollen. Damit gleich die erste Antwort: Ein bisschen Kontrolle übers eigene Dasein gewinnen, dazu sind Lebensziele gut.

Interessanterweise besteht das Wort KREATION aus den gleichen Buchstaben wie das Wort REAKTION. Entscheidend ist, wo Sie das K setzen! Das K hat gewissermaßen die Kontrolle über Ihr Leben.

Marco von Münchhausen: Die vier Säulen der Lebensbalance, S. 220

Tipp: Bevor wir zur Frage Was sind deine Ziele? mehr ins Detail gehen, solltest du dir zwei andere Fragen beantworten: Was sind deine Werte? · Was deine Stärken? – als mentale Vorbereitung zu dem, was jetzt kommt.

Ziele im Leben · die Basics

Als Grundlage ziehe ich das Buch Die vier Säulen der Lebensbalance zu rate, von Marco von Münchhausen. Die vier Säulen sind: Körper, Geist, Soziales und Finanzen. Denn es ist kein Zufall, dass hier nach Zielen gefragt ist, im Plural. Der Fokus auf ein einziges Ziel würde dem Leben in seiner Vielfalt nicht gerecht. Beim Blick auf die vier Säulen oder Bereiche wird klar, dass wir meist mehrere Ziele im Leben haben. Die meisten Menschen wünschen sich finanzielle Sicherheit und einen Familien- und Freundeskreis, um auf die alten Tage nicht arm oder einsam zu sein. Hinzu kommt körperliche Gesundheit und geistige Fitness, um nicht gebrechlich oder dement zu werden.

Soweit die Basics. Fehlt da was? Nö, wenn du damit happy bist, voll gut für dich, du genügsames Menschenkind. 🥳 Wenn dir das aber nicht reicht, dann hier nun eine Herangehensweise, dir mögliche weitere Ziele im Leben vor Augen zu führen und Schritt für Schritt umzusetzen.

Wie bei […] technischen Geräten eine Gebrauchsanweisung, so brauchen Sie für Ihre Zielerreichung das nötige Know-how […]. Die Verwirklichung Ihrer Vorhaben ruht darüber hinaus auf einer Analyse und Auswahl Ihrer Ziele, deren Planung und schließlich der Ausführung und Kontrolle.

Marco von Münchhausen: Die vier Säulen der Lebensbalance, S. 200f.

Diese Struktur finde ich gut und ich will mich grob daran orientieren. Mehr über das hier zitierte Buch gibt’s im ersten Beitrag der Reihe Ein Jahr, das dein Leben verändern kann. Zum Start in ein solches Jahr braucht es Klarheit darüber, was denn wie zu tun ist, um das eigene Leben zu ändern. Kurze Antwort: Ziele stecken und schrittweise den Weg in deren Richtung einschlagen. Die lange Antwort kommt jetzt.

Hinweis: Auf YouTube ist dieser Beitrag als Video verfügbar. 📺

Gewusst, wie… · das Know-how

Zunächst geht’s um das Know-how, das Wissen, wie du an Ziele im Leben allgemein rangehen kannst. Dazu hat Münchhausen allerlei Tipps am Start, von denen ich hier nur meine persönlichen Favoriten ableiten will.

Erstens: Nimm dir nicht zu viel auf einmal vor.

Zweitens: Konzentriere dich auf das, was du gerade machst. Keine dauernde Ablenkung durchs Smartphone und so.

Drittens: Dranbleiben. Das heißt, gib nicht direkt auf, wenn ein Vorhaben nicht auf Anhieb super klappt. Gib dir eine zweite oder dritte Chance. So einfach. Das sind jedoch nur ein paar abstrakte Regeln – jetzt brauchen wir etwas, worauf wir sie konkret anwenden können.

Lebensziele formulieren · Tipps

Jetzt geht’s ans Eingemachte, die Antwort auf die Frage: Was sind deine Ziele? Münchhausen verweist auf eine Tabelle, auf der sich zig Aspekte des Lebens nach Zufriedenheit bewerten lassen, von Kommunikation mit deinen Kids bis Genussmittel-Konsum, eine Doppelseite zum Häkchen setzen.

Der große Haken ist, dass wir einen Punkt übersprungen haben, den ich hier mal anstelle der Bewertung etlicher Einzelaspekte nachholen will: und zwar die Vision. Deshalb war anfangs von Lebenszielen die Rede. Ich weiß, dass ich zu Beginn des Jahres aus Momo zitierte, von wegen: nie die ganze Straße auf einmal im Blick haben. Dabei bleibt’s auch. Du sollst nicht jedes Schlagloch auf der Straße studieren, sondern dir dein Ziel vor Augen führen. Gemeint ist ein Bild davon, wo du dich in Zukunft siehst. Stell dir vor, du bist 90 Jahre alt…

…und am Ende der Straße steht ein Haus am See / Orangenbaumblätter liegen auf dem Weg / Ich hab’ zwanzig Kinder, meine Frau ist schön / Mhh alle kommen vorbei, ich brauch’ nie raus zu geh’n

Peter Fox: Haus am See

Vier Zeilen und viel Zeit, die es braucht, das alles zu erreichen: Ein Haus musst du bauen, Orangenbäume pflanzen, zwanzig Kinder zeugen und erziehen. Und eine Partnerschaft, die all das packt und darüber hinaus ihren Sinn fürs Schöne bis ins hohe Alter beibehält, die ist nicht nur großes Glück, sondern auch ein Herzensprojekt. Dazu kommt die Pflege von so vielen Kontakten, dass auf die alten Tage alle gern vorbeikommen und du nie rauszugehen brauchst… das verlangt viel Vorarbeit.

Tipp: Apropos Haus am See… in der schrecklich-schön-schnulzigen Buchverfilmung Wie ein einziger Tag (2004) zeigen Rachel McAdams und Ryan Gosling, wie sich Ziele im Leben bis ins gemeinsame Sterbebett hin verfolgen lassen. Ziemlich kitschig, aber auch ein bisschen toll. 🙈

Postkarte ans Zukunfts-Ich

Aber darüber sollst du jetzt nicht nachdenken – also über die Arbeit und Verantwortung und so. Trau dich erstmal, rumzuspinnen, wenn du deine eigene Vision ausmalst oder aufschreibst, kurz und knapp, so dass es auf eine Postkarte passt. Das solltest du wirklich tun, damit deine Vision mehr Verbindlichkeit bekommt und du darauf zurückkommen kannst, einmal im Jahr, um deine Ziele im Gedächtnis zu behalten und evtl. neuen Umständen anzupassen. 

Aufgabe: Überlege dir, wer du im hohen Alter sein willst. Wo, wie und mit wem wirst du leben und worauf zuschauen? Nimm dir ruhig ein paar Tage lang Zeit, deine Vision in Gedanken auszumalen und auf Papier oder digital festzuhalten.

Um die nächsten Schritte anschaulicher zu gestalten, will ich mal ein Beispiel bereitstellen – meine Vision. Habe mir längst ein paar Tage Zeit genommen und trage sie schon eine Weile mit mir rum, ist also nicht so dahin gerotzt, wie es jetzt vielleicht wirkt. Also, mit Blick auf meine Werte und Stärken und die vier Bereiche Körper, Geist, Soziales und Finanzen…

Was sind meine Ziele? · Beispiele

In Sachen Körper: da habe ich die wenigsten Ambitionen. Bin kein großer Sportler, will auch keiner werden, ein bisschen fit bleiben, das wär’ schon fein.

Weiter: Geist! Dafür schlägt mein Herz – ich hätte am liebsten ein Extra-Leben, um unseren gigantischen Kulturschatz zu durchforsten. Aber das geht ja nicht, also will ich in diesem Leben möglichst viel lesen, sehen und verstehen – und selbst aktiv sein, in Literatur, Film und Philosophie. Wenn ich mal alt bin, will ich Bücher geschrieben und Filme gedreht und mich in anderen Medien ausprobiert haben.

Nächster Bereich: Soziales. Ich möchte keine zwanzig Kinder, aber zwei oder drei wären schön. Eine kleine Familie, ein paar Freunde in der Nähe und Kontakte auf aller Welt, zum Gedankenaustausch. Dazu möchte ich drei Sprachen so beherrschen, dass ich darin kommunizieren kann. (In früheren Plänen waren’s mehr Sprachen, aber ich bin oft gescheitert und währenddessen sind Online-Übersetzungshilfen immer besser geworden, also… künstliche Intelligenz und meine eigene treffen sich irgendwo in der Mitte.)

Zuletzt: Finanzen. Mein Ziel ist, von dem, was ich gerne mache, leben zu können. Dazu muss das Zeug, das ich schreibe und produziere so lesens- oder sehenswert sein, dass es anderen Menschen ihre Zeit und Aufmerksamkeit wert ist. Natürlich möchte ich sparen können, um auf die alten Tage und für die Nachkommen noch was zu haben. Doch um eine Obergrenze zu definieren, erscheint ein Einkommen von maximal 60.000 Euro pro Jahr (was schon ziemlich viel ist) nur sinnvoll. Über ein solches Einkommen hinaus trägt das Finanzielle statistisch gesehen nicht mehr zum eigenen Glück bei, also: sollte reichen. Über den Zusammenhang von Geld und Glück empfehle ich das Buch Schnelles Denken, langsames Denken von Daniel Kahneman.

Ziele im Leben · die Planung

Mit dem Formulieren deiner Lebensziele bist du in die langfristige Planung gestartet. Aber wie kommen wir von der Vision zu dem, was nächste Woche ansteht? Hier verweist Münchhausen auf das Konzept eines Herrn namens Cay von Fournier, der über Lebens- und Unternehmensführung schreibt. Das Konzept heißt »die sieben Zeit-Horizonte« – und gefällt mir sehr.

Die sieben Horizonte

Der siebte Horizont, das sind deine im vergangenen Abschnitt festgelegten Lebensziele, die ferne Zukunft. Die Zeit bis dahin unterteilen wir jetzt in sechs weitere Horizonte.

Der sechste Horizont ist das nächste Etappenziel, sei es der Abschluss des Studiums, das Flüggewerden der Kinder oder Ähnliches. Wenn ein solcher Schritt die nächsten Jahre nicht in Sicht ist, nimm als Etappe eine Dekade. Gemäß dem abgelutschten Spruch, den auch Münchhausen rezitiert, den du so oder ähnlich aber überall findest, wo es nach Lebensplanung riecht:

Die meisten Menschen überschätzen, was sie in einem Jahr schaffen können, und sie unterschätzen, was sie in zehn Jahren erreichen können.

Die 10.000 Stunden Regel

In zehn Jahren kannst du, wenn du engagiert bist, die 10.000 Stunden voll machen, die es braucht, um richtig gut zu werden – in welchem Bereich auch immer. (Buchtipp am Rande: Überflieger von Malcolm Gladwell.) Der Clou ist, sich mit den Lebenszielen im Hinterkopf zu fragen: Wo möchte ich beim nächsten Etappenziel bzw. in zehn Jahren stehen?

Ich habe mir die Frage erstmals mit 25 Jahren gestellt und gemerkt: Wenn es mein Lebensziel ist, möglichst tief ins Kulturgut einzutauchen und außerdem eine Familie zu gründen, dann kann es nicht schaden, in den nächsten zehn Jahren sowas wie Kulturwissenschaften zu studieren, als Bildungshintergrund zum Thema, einen Blog zu starten, als Logbuch meiner Kulturreise, und eine Partnerschaft einzugehen, mit Glück schon ein oder zwei Kinder zu bekommen.

Noch bin ich 30, also: Etappenhalbzeit.

Der fünfte Horizont liegt da schon näher – das kommende Jahr. Wieder die Frage, mit den Lebens- und Etappen-Zielen im Hinterkopf: Was musst du im bevorstehenden Jahr schaffen, um diesen Zielen näher zu kommen? Das können Semesterprüfungen sein, oder vielleicht steht eine Beförderung an, eine Reise, eine Heirat, oder eine Geburt?

Vom Quartal zum heutigen Tag

Der vierte Horizont ist das nächste Vierteljahr, was geht da? Eine wichtige Prüfung, eine besondere Anschaffung, ein Seminar? Das Quartal bietet sich als Lebensabschnitt an, um bestimmte Termine festzulegen, die sich beim Blick aufs ganze Jahr noch nicht festmachen lassen.

Der dritte Horizont ist der Monat, der zweite die Woche und der erste Horizont ist der heutige Tag. So lassen sich Schritt für Schritt schon abstrakte oder übertriebene Ziele auf den Alltag übertragen.

»Freundschaften pflegen« ist abstrakt. Sich jede Woche ein, zwei Stunden Zeit für private Mails und Messages nehmen ist konkret. Fit und munter bleiben ist abstrakt. Jeden zweiten Tag eine halbe Stunde laufen ist konkret. Sowas zum Beispiel. Wie soll ich je mehrere Bücher schreiben? Keine Ahnung. Aber wenn ich jeden Tag ein paar Stunden tippe, sammele ich Übung und Ideen und irgendwann, nicht in diesem Jahr, nicht im nächsten, aber eventuell im Laufe dieses Lebensabschnitts, da könnte es klappen. Wenn nicht: locker bleiben. Leben ist bekanntlich das, was passiert, während du was anderes planst. Bei aller Liebe zum »Life-Management« machen wir uns nichts vor: Planung und Umsetzung sind zwei Paar Latschen – die einen glänzende Sonntagsschuhe, die anderen dreckige Alltagstreter.

Ziele im Leben · die Umsetzung

Letzter Punkt: Umsetzung deiner Ziele und Pläne. Das will ich kurzfassen, mit einem Zitat, das die Sache auf den Punkt bringt. Es stammt von einem Fisch namens Dorie, die da sagte – oder sang: »Einfach schwimmen, schwimmen, schwimmen…« Soll heißen: Einfach machen. Lass dich nicht vom Mangel an Selbstvertrauen oder Übermaß an Perfektionismus davon abhalten, Dinge zu tun. Selbstvertrauen kannst du erst gewinnen, wenn du Fortschritte machst, in irgendwas – dazu musst du irgendwas starten. Perfektion wirst du nie erreichen, wenn du »perfekt« im Sinne von »vollkommen« verstehst. Vollkommenheit ist eine schwammige Idee. Versuch’ doch, Perfektion lieber als »Vollendung« denken: Perfekt ist, was vollendet ist. Aber auch dazu musst du erstmal irgendwas starten – und dann fertigstellen.

Was auch immer Sie sich vornehmen, machen Sie den ersten Schritt innerhalb der nächsten 72 Stunden, und sei es nur die Anmeldung zum Sprachkurs, die Reservierung [von] Theaterkarten oder die Vereinbarung [eines] Arzttermins.

Münchhausen, S. 223

72 Stunden sind drei Tage. Wenn dich dieser Beitrag inspiriert hat, sorge dafür, dass du innerhalb der nächsten drei Tage den ersten Schritt auf deine Ziele zugehst, um aktiv in so ein Jahr zu starten, das dein Leben verändern kann. Viele Tipps aus Die vier Säulen der Lebensbalance sind hier außen vor geblieben – daher kann ich Buch und Autor nur empfehlen, wenn du mehr zum Thema wissen willst. Mein nächster Schritt geht hin zu einer anderen Autorin und dem, was wir tun, wenn wir uns Ziele stecken: Was heißt es, tätig zu sein? Darüber schreibt Hannah Arendt in ihrem Werk Vita activa.

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